Wasserstrasse.ch
Das St. Johann ist in einem beispiellosen Umbruch. Seit zehn Jahren beeinträch-
tigen Baustellen, Lärm und Absperrungen das Quartierleben. Die Hoffnungen vieler, die unter den massiven Beeinträchtigungen der Wohnqualität während all dieser Jahre leiden mussten, werden enttäuscht: nach Abschluss der Bauarbeiten gibt es für sie hier keinen Platz mehr.
Wenn Stadtplaner_innen über die „ungebrochene Dynamik in Basel Nord"
jubilieren, wird immer verschwiegen, dass diese Stahl-Glas-Beton – Dynamik ganz konkret Menschen und Nachbarschaftsnetze verdrängt und allmählich unsere Quartieratmosphäre zerstört. Wir, die direkt Betroffenen dieser Entwicklung,
sind in einer eigenartigen Passivität gefangen: die Veränderungen werden wie ein Naturereignis wahrgenommen, das über uns hereinbricht.
Eine Stadtentwicklung, die von den Bedürfnissen und Wünschen derer ausgeht,
die hier leben, wäre noch zu erfinden. Ein solches Quartier würde nicht mehr auf dem Reissbrett von Stadtplaner_innen und Stararchitekt_innen entworfen, sondern wäre geprägt von kleinräumigen und selbstbestimmten Gestaltungen und Umgestaltungen, ein lebendiges Wirrwarr in permanenter und spontaner
Veränderung. Ein solches Quartier ist nur denkbar in einem Netz von regen
Beziehungen zwischen den Menschen, wo die Leute aus ihrer Privatsphäre hin-
austreten und anfangen, einzugreifen. Der erste Schritt, die Passivität hinter sich zu lassen, ist, mit anderen über das zu reden, was alle etwas angeht. Dieses Heft soll ein Beitrag in diesem Prozess sein.
Globalisierung im Taschenformat . . . . . . . . . . . . . . . . 5
Frau M und Frau M am / im / usw. . . . . . . . . . . . . . . . 8
800 Meter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Was passiert an der Wasserstrasse? . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Wasserstrasse 37 besetzt (Communiqué) . . . . . . . . . . . . . 20
Steriler Brennpunkt der Zeitlupe . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Basel baut sich sauber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
We make Basel sexy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Zur Öffentlichkeit – oder die Zwiebel der Gesellschaft . . . . . . . . 32
Entfremdung bezeichnet einen indivi-
duel en oder gesel schaftlichen Zustand, in
dem eine ursprünglich organisch gedachte
Beziehung (zwischen Menschen, Men-
schen und Arbeit, Menschen und dem
Produkt ihrer Arbeit sowie von Menschen
zu sich selbst) aufgehoben, verkehrt oder
zerstört wird.
Globalisierung im TaschenformatStatt zum Trendquartier wird das Wohnviertel St.Johann zum gespaltenen Sozialraum
gleichzeitig erschienen im Basler Stadtbuch 2007
Durch den Umbau des alten Arbeiter-
quartiers St. Johann wird der Wechsel von der Chemieproduktion zur Finanz – und
Dienstleistungswirtschaft sichtbar. Das
Es gibt Quartiere, an denen lässt sich
Quartier verliert dabei nicht nur günstige die wirtschaftliche Entwicklung einer
Wohnungen, sondern mit den fortziehen- Region ablesen, oder es lassen sich gar
den Menschen auch seinen Charakter.
Tendenzen der gesamten Volkswirtschaft
nachzeichnen. Das Wohnviertel St. Jo-hann in Basel Nord ist eng mit der Ent-wicklung der Stadt als Chemiestandort verknüpft. Das Quartier ist aber nicht einfach ein Arbeiterviertel, sondern
seit ehedem ein Ort, wo Menschen aus verschiedensten Herkunftsländern und Kulturen leben und arbeiten. Der gegenwärtig stattfindende Umbau des
Quartiers spiegelt zugleich die sozialen Konflikte und die Machtverhältnisse wider.
Das St. Johannsquartier ist das einzige
in Basel, in dem der Wohnungsbestand
seit Mitte der 90er Jahre stetig abge-
nommen hat. Parallel dazu sank seit
Anfang der 90er Jahre auch die Anzahl
der Beschäftigten kontinuierlich.
Die sogenannten Life Sciences, an sondern an der Attraktivität als Wirt-
deren Spitze die Pharmariesen Novartis, schaftsstandort orientiert.
Roche und Syngenta stehen, erwirtschaf-ten mit ihren Zulieferern 20 Prozent
Für diese Entwicklung steht symbo-
des Bruttoinlandprodukts des Basler lisch der Bau des Novartis Campus. Ein Stadtkantons. Die Finanzdienstleis- repräsentativer Firmensitz und ein For-tungen und Versicherungen machen schungszentrum in einer abgegrenzten einen weiteren beträchtlichen Teil des Stadt in der Stadt. Die Architektur und kantonalen Haushalts aus. Die 2005 Raumgestaltung sollen ein subjektives beschlossene Totalrevision der Kan- Sicherheitsgefühl vermitteln.
tonsverfassung stehe denn auch im Zei-chen einer effizienten Zusammenarbeit
Mit grossflächigen Glasfassaden und
des Kantons mit der Privatwirtschaft, breit gestalteten Zufahrten wird Trans-meint Samuel Hess vom Wirtschafts – parenz vorgespiegelt auf einem Gelände, und Sozialdepartement. Doch von der das durch einen privaten Sicherheits-
Wertschöpfung dieser Zusammenarbeit dienst bewacht wird, der über einen
profitieren nur wenige im Quartier. Dies unterirdischen Übungs-Schiessstand ist nicht zuletzt eine Konsequenz daraus, – für Notfälle – verfügt.
dass der Stadtumbau sich nicht so sehr an den Bedürfnissen seiner Bewohner,
Dabei sind es gerade Multikulturalität,
Offenheit und soziales Engagement, die
den Reiz des Stadtteils St. Johann ausma-
Die architektonische Gestaltung
chen. Die Basler Gemeinwesenforscherin sozialer Räume und deren sichtbare
Gabi Hangartner, die verschiedene Ent- Abgrenzung von dem Leben und den wicklungsszenarien beim Umbau des St. Beziehungen im Quartier spiegeln zu-Johannquartiers untersuchte, kritisiert gleich die sozialen Beziehungen und die
denn auch den Verlust dieser Stärken: Lebensqualität in einer globalisierten
Menschen, die temporär als Mitarbei- Welt wieder.
terinnen und Mitarbeiter der Novartis (.)kamen, zeigten kein Interesse, sich im
Quartier zu integrieren. «Die Energie
Mit der intensiven Bautätigkeit in
des Campus geht nach innen, sie ist Basels sozialschwachen Quartieren wird hierarchisch strukturiert wie eine Firma, ein Paradigmenwechsel in der kommu-ein Quartier ist aber ein loses Netzwerk», nalen Wohnungs – und Sozialpolitik schreibt Hangartner in ihrem gerade sichtbar. Vor dem Hintergrund des erschienenen Buch ‹Urbanes Trend- Steuerwettbewerbs zwischen den Kan-quartier oder gespaltener Sozialraum?›. tonen wird soziale Verantwortung leicht
Das Quartier sei dabei, sich zu zersetzen: zum störenden Kostenfaktor.
«Künstler ziehen weg, da die Ateliers
teurer werden, aber auch Familien mit Kindern, weil die Mieten steigen oder
sie der ewigen Baustelle am Voltaplatz entkommen wollen.»
Anmerkung
Hangartner, Gabi: Urbanes Trendquartier oder
gespaltener Sozialraum? Szenarien möglicher
Auswirkungen des Novartis Campus auf das
Basler St. Johann Quartier als Sozialraum.
Neu-Ulm 2007.
Frau M und Frau M am / im / usw.
Ampereplatz / Voltaplatz / Dreirosenbrücke / Urlaub / Freie Strasse / Bahnhof SBB / Lim-mat-Quai / Airport / Airport / ZKB-Filliale / Vorgarten / Da / Dort / Intensivsta-tion / Komatös / Traum / Fernsehen / Flugzeug / Airport / Internet / Phantasie / Univer-sität / Literatur / Airport / Rheinpromenade / Arbeitsplatz / Mittagspause / Video
Nein, hier kannst du nichts mehr verändern – diese Bank ist an die Weltkugel betoniert.
Oder fort.
Aber ich kann kucken, wo ich will. Nur splittert
das Auge. Rutscht und findet Ruh.
Genau da, wo es sein soll. Und das kannst du dir selbst denken.
Am Rand der Gespinste wackelt die Zeit, die in
der Mitte längst zu Beton kristallisiert ist. Beton ist im Übrigen ein veraltetes Feindbild.
Wie dem auch sei. Es ist sowieso egal, weil
ausser Beton (wahlweise andere Materialien einsetzbar) nichts Denkbares bleibt.
Was du da nicht denken kannst ist eben das,
was hier nicht wahr ist.
Hier ist alles wahr.
Wo bist du hin? Du kannst dich doch nicht in
Luft auflösen, wenn die Zeit still steht.
Scheinbar doch.
Wie schön. Mit deinem Rest bleibt etwas Vari-
ables auf der Bühne. Wenn es nicht schon tot
wäre, bliebe dies zu tun.
Aber so ist auch das erübrigt.
Dann kann ich ja bleiben.
Einmal gehe ich dem Geländer, streiche
mehr dem eloxierten Stahl in seiner ge-schwungenen Länge, also entlang dieser
Brücke, die Neurosen als Eigennamen
wie ihre Blasenenzündungsquader trägt.
Wir sind viele.
Entgegen einem Netz aus Lichtern, weniger Leuten als auch einigen Gedanken.
Geleit bietet uns linkerhand mör-
derische Architektur und schräg rechts
vorne prangt mir die Camuflage einer militärischen Operation, der institutiona-lisierten Kunst im öffentlichen Raum, in all ihrer befriedeten Farbigkeit ins Gesicht, während einigen von uns langsam ins Bewusstsein rückt, wie der Asphalt dieser Glanzleistung an Ingenieurskunst lang-
sam dem Knirschen von Sand unter den
Füssen weicht.Wir sind auf dem Platz
der haltlosen Wüste angelangt. Gerade ist Nacht und daher hat man auch ein Schauspiel im angrenzenden Aquarium organisiert, ein Manöver im Kabinett der
Repräsentation; schön gemachte Körper
im Meer belangloser Frequenzen. Drau-
ssen verteilen einige speziell ausgewählte
Konditionierungspapiere rund um ein motorisiertes Fortbewegungsmittel,
dessen Attribute nur noch wenig mit seiner ursprünglichen Funktionalität zu tun haben.
Einige von uns würden gerne hinter Truth before Power. Darunter erstreckt
Glas gehen, um den Tauschwert ihrer sich eine unterirdische Schiessanlage.
Masken feilzubieten, um ein wenig be-reitgestellte Intensität zu konsumieren.
Also ziehen wir dorthin, wo diese
Bewegung herkommt und dafür muss
Also passieren sie die Schleusen und es ein einigermassen grosser Fluss, der
wird sichergestellt, dass sie auch nichts neuerdings grösstenteils unterirdisch mit sich tragen, was zu einer Situation verläuft, überquert werden. Ich stehe verleiten könnte, um sicherzustellen, dass schon inmitten des Stroms, als meine-sie unbewaffnet sind. Dann erreichen sie Aufmerksamkeit in den Abflusskanal, den Innenraum und wir gehen weiter. von dem ein befremdend gleichmütig
Tönen heraufsteigt, gesogen wird.
Am flüchtigen Ende der Treppenli-
nien treffe ich auf funkelnde Beete mit
Einmal wurden dort unten Brote und
akkurat gesetztem Wuchs und erinnere Wurscht verteilt und von Tribünen gere-mich an diese wunderschöne Tat, in det, in einem Fort von der Garantie der deren Folge die Beete zu Beeten wur- Flüsse und anderen Bedenklichkeiten. den, als, wie in einem unbemerkten Und dann hat es zu regnen begonnen
Moment, dem Lidschlag des kyberneti- und der rote Teppich wurde nass und
schen Kapitalismus, Tomaten aus einem der Wind hat die ausgeliehenen Pal-unbeachteten Sandwich wuchsen und men umgeweht und man sah, dass es sich mit dem erquickenden Neuwuchs gut war.
des katharsischen Kahlschlags, der ent-larvenden Sichtbarmachung des grauen
Drei meiner Begleitenden sind schon
Daseins, vermischten und die Kerzen weiter vorangeschritten und machen
der friedensbewegten verschlangen.
mich mit lautem Schreien darauf auf-merksam das diese Art Örtlichkeit
Einen Moment wird innegehalten, generell als unwirtlich ja gar bedroh-
gerade noch so lange als wäre nichts lich einzustufen sei und nicht selten passiert.
Beteiligten ein Ende bereiten würde,
da die Geschwindigkeiten einiger mit
Doch schon reizt ein weiteres Blinken dem hohem Tempo anderer auf un-
und Blitzen den rechten Rand unserer kompatible Weise vermengt würden.
Retina; kaum zu erkennen verlaufen da Ob das wohl den Fluss unterbrechen Leuchtschriften hinter transparentem oder gar blockieren könnte, fragen wir
aber dezidiert abgrenzendem Zaun und uns; den Abfluss verstopfen, dem Fluss, einem Birkenwald, der so vom einen der fortwährend Austrocknung mit auf den anderen Tag dort gewachsen ist. sich führt, selbst eine zuzufügen. Nie
wieder Transaktion nie wieder Rinder aller Mühen immer grau bleibt, so als von Neuseeland nie wieder Made in wenn der hysterisch gesunde Nachbar Kummerland. Und dann losgelöst auf die Zeichen nicht ertragen könnte und die Insel wo der öffentliche Nahverkehr in seiner ermesslichen Ausstrahlung und Station macht.
in Zusammenarbeit mit der Verwaltung
sogleich ins gleissende Nichts der ge-
Nur schade, dass diese Insel so ange- planten Oberflächen zurückführt.
legt wurde, dass sie schwer zugänglich ist, ausser den Tätigen, die Zutritt zur
Also zücken einige ihre Stifte und
Stadt in der Stadt, zum Territorium der ziehen lange Linien entlang der Wege, Besatzungsmacht, haben. Öffentlicher die sie gehen, markieren ihre schüttere Nahverkehr mit de facto privaten Hal- Existenz über jenen Ort, wo einst eine testellen hat mal ein Lenker eines dieser etwas verlorene Gestalt, von der ich Gefährte die Situation umrissen.
nicht wusste, ob sie mir offenarmig oder verwehrend entgegenstand, ge-
Fast gelüstet es einen nach einem zeichnet war.
teuren Fisch und ein paar Monoamino Reuptake Inhibitors, TCAs Doxepin,
Als 5 von uns einmal, und an das
Imipramin, Clomipramin, Amitrip- erinnern wir uns jetzt, eine weitere
tylin, Amitriptylinoxid, Trimipramin, bewachte Pforte zu einem Tanzlokal
Opipramol als Nachtisch.
streifend, im Begriff waren, um die
Ecke etwas zu zeichnen, da erschienen
Sehr gut drauf gehen wir weiter. Ei- die Betreiber der Zwischennutzung und
nige haben wir also schon verloren. hiessen uns das Treiben zu unterlassen,
Von weitem sehen die Körper jener da sie es zwar mögen würden, aber eine
hinter Glas wie zappelnde Fische aus, höhere Gewalt, so etwas wie die Natur, drei hats im Fluss verschliffen, zehn sie selber hiess, derartiges zu unterbin-
sind auf der einsamen Insel geblie- den.12 von uns möchten gerne diese ben, jene, welche noch nicht geboren eine Welle erwischen, die für einen
wurden, sind unzählig und doch sind Augenblick oder zwei einen endlosen
325461284475982080123006 davon Sommer bedeutet. Sie überlassen mir
verloren, Amitriptylin bestimmt fortan ihre Werkzeuge und treten ein. Gerade
das Sein von 26 und 52 sind zu Hause wünschen wir ihnen noch Erfolg und geblieben, denn einige bleiben immer sehen einige von uns an einer unüber-zu Hause. Der Zukunft den Rücken sichtlichen Ecke weiter vorne Fahrräder zugewant, denn sie hat selbst keine mehr, entwenden und in einem wilden Ritt in ist es jetzt eine graue Wand, die unsere die Nacht entschwinden. Später konnte
Linke bestimmt. Eine Wand, die trotz Vages über den weiteren Verlauf ihrer
Fahrt der Tagespresse entnommen wer- kunstvoll umgegangen sind. Gegenseitig
den. Viele Bezeichnungen schienen dem mahnen wir uns zu diesem Boulevard – Strafgesetzbuch zu entstammen, auch Gefühl, das doch schon spürbar sein war die Rede vom Fehlen einer Spur und sollte und für das diese grossen Anstren-
von unerklärlichen ja gar phantastischen gungen unternommen werden. Zuerst Ereignissen. Ich setzte meinen Weg fort, steigen wir aber noch über Latten und vorbei an einem Gebilde, das den Über- Schranken, um einen weiteren Fluss tritt in andere Welten anzuzeigen scheint, zu queren, der anlässlich eines grossen
doch die profane olfaktorische Note und Festes kurzzeitig mit einem Freudenfeuer der Eintrittspreis hält die meisten von zum Wechsel des Aggregatzustands uns ab. Acht jedoch treten, dank der gebracht wurde. Gerade unterhalten herben Enttäuschung und wohlgebettet wir uns noch über die Begebenheiten in einem goldenen Projektil, dennoch und den Tratsch rund um dieses Ereig-in die Verheissung über.
niss, als die handwerklich interessierten unserer kleinen Meute bestürzt die Un-
Mit einem Male überkommt mich ein ehrlichkeit der aufgeklebten Platten mit
Dürsten ab all der Verwüstung und wir Backsteinrelief bemerken und erboster
entdecken andere Matte auf dem Rasen. Lärm ertönt.
Ihre Handlungen scheinen sich in repeti-
tiver Art auf eine Sache zu konzentrieren,
Wir haben uns zusammengezogen,
deren Sinn zunächst unschlüssig bleibt. sind bloss noch, aber dicht konzentrierte
Es sind zittrige, desperate Bewegungen, zehn. So geht das einige Zeit.
die ihre Hände knapp über dem Boden beschreiben. Kleine Gefässe sind auch
Und dann gehen wir nach Hause,
involviert. Sie würden Tau sammeln, zu denen die noch lesen und jenen die erwidern einige entschlossen. Davon immer noch rauchen, all den Schlafen-trinken wir alle.
den und jenen, die nicht können und denken, und ich schlafe ein.
Manche von uns beginnen, verschie-
denartige Gefässe aus ihren Taschen
hervorzukramen und gesellen sich zu den anderen. Ich ziehe Bahnen und weiter.
Gegenüber interessiert mich nämlich
die Beschaffenheit des neuen Quartiers und die Geschwindigkeit, mit der die
Maurer mit solch kleinen Steinen so
Was passiert an der Wasserstrasse?
An der Wasserstrasse 21-39 stehen Alt-
bauhäuser, die der Immobas, also der
Stadt, gehören. Grösstenteils sind es kaum
renovierte Zweizimmerwohnungen zu günstigen Mietpreisen.
Die Häuser wurden vor etwa 100
Jahren gebaut. Seither hat sich ringsum viel verändert, und heute erscheinen
die Häuser wie ein Überbleibsel aus einer anderen Zeit. Vielleicht gerade deswegen sind sie vom Pausenplatz des Voltaschulhauses aus betrachtet ein echtes Bijou. Noch heute erfreuen sich die BewohnerInnen an den schönen
Treppenhäusern, an den Parkettböden,
an der schlichten und doch liebevollen
Innengestaltung der Häuser. Vor 100 Jahren wurde ein Wert geschaffen, der
bis heute nützlich und schön ist. Die
ganze Zeit über bezahlten die Bewohne- wurden mit Verweis auf den «grossen rInnen Miete; die Baukosten sind längst Umbruch in Quartier» nicht ausgeführt. amortisiert. Weil nie in grösserem Stil Am 9.4.2008 schliesslich war in der BaZ renoviert wurde, sind die Mieten tief zu lesen, dass die Häuser im Zuge von geblieben. Das könnte noch lange so „VoltaOst" abgerissen würden. Eine
weitergehen, aus dem einfachen Grund, offizielle Bestätigung des Vorhabens dass damals so solide gebaut wurde. Es war vom Baudepartement aber nicht wäre also das normalste auf der Welt, zu erhalten.
dass Leute, die keinen Lift und keine Zentralheizung brauchen und denen es
Anfangs April sind nun zwei leerste-
auch nichts ausmacht, dass das WC im hende Wohnungen an der Wasserstrasse
Treppenhaus ist, deutlich weniger Miete 37 besetzt worden. Die auf breite nach-
bezahlen als heutzutage üblich ist.
barschaftliche Zustimmung gestossene
Besetzung war anfänglich von einem
Neuerdings mehrten sich allerdings Räumungsultimatum bedroht; dieses
ungute Zeichen: Freiwerdende Woh- wurde aber schliesslich zurückgezogen. nungen wurden von der Immobas we- Seit dem 29. April liegt nun ein Angebot der ausgeschrieben noch auf Anfrage für einen befristeten Mietvertrag vor.
vermietet. Nötige Unterhaltsarbeiten
Gleichentags wurde aber auch allen
Im Dreieck Wasserstrasse – Elsässer-
MieterInnen der Wasserstrasse 21-39 strasse – Voltastrasse («VoltaOst») deutet
mitgeteilt, dass die Häuser allesamt alles darauf hin, dass auch auf dieser Seite abgerissen und nur noch bis Mitte 2012 des Voltaplatzes Stadtplanung über die vermietet würden. Das ist zwar höchst Köpfe der direkt betroffenen hinweg unerfreulich, doch immerhin hat sich betrieben wird. Hätte die Stadtplanung die Verwaltung unter dem Eindruck ein reales Interesse, gewachsene Quar-der öffentlichen Auseinandersetzung tierstrukturen und günstigen Wohnraum rund um die Besetzung endlich dazu zu erhalten, so liesse sie die Häuser an durchgerungen, die Karten offen auf der Wasserstrasse 21-39 stehen.
den Tisch zu legen.
Es liegt an uns, den BewohnerInnen
Im Zuge des Baus der Nordtangente dieser Strasse, dieses Quartiers, den
und unter dem wohlwollenden Blick Verantwortlichen zu zeigen, dass wir unseres lokalen Global Players wurde nicht einfach Manövriermasse sind. rund um den Voltaplatz ein regelrechter Ihr arrogantes Vorgehen, ihre grössen-
Kahlschlag an günstigem Wohn – und wahnsinnigen Projekte bauen auf unser Gewerberaum betrieben: die Papagei- Schweigen, auf unsere Unfähigkeit, uns
enhäuser beim alten Zoll, die beiden als Betroffene zu organisieren.
Häuserzeilen an der Volta – und Elsäs-
serstrasse, die Handwerkerbuden längs Kein Abriss der Wasserstrasse 21-39!
der Entenweidstrasse sind nicht mehr.
Was auf den Trümmern von gewachsenen Keine Verdrängung von gewachse-
Strukturen neu gebaut wird, hat nichts nen Quartierstrukturen!
mehr zu tun mit den Leuten, die vorher
hier gelebt und gearbeitet haben.
Für ein günstiges und lebendiges
St. Johann!
Wasserstrasse 37 besetztCommuniqué
AutorIn : Lucy Love und Arminhttp://switzerland.indymedia.org/de/2009/04/68180.shtml
Liebe Freundinnen und Freunde
Seit heute, dem 2.4.09, haben wir zwei
leerstehende Mietwohnungen an der Was-serstrasse 37 besetzt.
Parterre links, erster Stock links.
Die restlichen Wohnungen befinden sich Warum?
in regulären Mietverhältnissen.
Aufgrund erheblicher In kom pe tenzen.
Wir wollen an der Wassertrasse leben,
weil wir die Häuser lieb haben.
Die Immobilien Basel Stadt sorgt sich
aber nicht gut um sie:
Zitat: „In mehreren Schreiben werden wir um mehr Unterhalt
angehalten, dies aber nur unter der
Prämisse, keine wertvermehrenden Mietzinsanpassungen vorzuneh-men. Wir rufen ihnen in Erinne-rung, dass sie in den Liegenschaf-ten an der Wasserstrasse 31 – 39
ausserordentlich günstig wohnen.
Investitionen in die Bausubstanz
können in diesem Falle nur mit fol-gendem Mietzinsanstieg erfolgen.
Weiter befindet sich das Quartier
in einem grossen Umbruch, der die Eigentümerschaft veranlasst
hat, nur bei gefährdeter Sicherheit
Studien zu erläutern, bevor diese
zu investieren." (Immobilien Basel
nicht dem Gesamtgremium vor-
Stadt in einem Schreiben an die
gelegt und von diesem beschlossen
Mieter vom 25. Juni 2008)
Im Gegenteil. Die ImmoBas wollen sie
Wir sehen vor, noch in dieser Le-
kaputt machen.
gislatur über das Geviert ein be-hördenverbindliches Leitkonzept
Zitat: „Aussichtsreicher ist das Pro-
zu verabschieden und in diesem
jekt Volta Ost. Geplant ist der
Zusammenhang näher über das
Abriss des letzten Häuserblocks
Potential und die Entwicklungs-
an der Wasserstrasse, welcher den
absichten des Gebietes Volta Ost
Pausenplatz nördlich abschliesst,
und der Ersatz durch einen Neu-
Interessant irgendwie. Das Gebiet Volta
bau, welcher bis an die Voltastrasse
Ost – oder die Menschen, die dort
reicht." (Dr. Guy Morin in der
leben, werden also erst dann über die
Antwort auf die Interpellation
Entwicklungsabsichten informiert, wenn
von Andreas Ungricht vom 9. 4.
sie vom Regierungsrat beschlossen wor-
Dazu möchte Barbara Schneider aber Bestimmt erscheint wieder eine dieser nichts erzählen. Auch denen nicht, die tollen Hochglanzbroschüren, wo dann
zu diesem Zeitpunkt in den betroffenen drinsteht, was unumstösslich beschlossen
Häusern wohnen. Am 26. September 08 mit einem seinem Haus passiert… (Ent-
antwortete sie auf eine diesbezügliche wicklungsgebiet Volta Ost: teuer, neu,
Nachfrage eines damaligen Mieters.
modern, für richtig wertvolle Menschen gemacht, Glas, Beton, und peinliche
Zitat: „Dass sie sich als direkt Be-
Ankleb-Backsteine mit Industrieprint)
troffener erstaunt zeigen, kann ich
verstehen. Insbesondere dadurch,
Der Jahresbericht der Immobilien Basel
dass in der Interpellationsbeant-
Stadt vom 3.3.2009 formuliert die Art
wortung der Abriss der Häuserzeile,
dieser Entwicklung dann auch ziemlich
in der sie wohnen, beschrieben
wurde.
Ich möchte mich für diese Form der
„Areal Volta-Ost
Information entschuldigen. Diese
VoltaOst ist das letzte zusammen-
Passage hätte in der Beantwortung
hängende Areal, das im Entwick-
nicht so vorkommen dürfen. Ent-
lungsgebiet ProVolta liegt. Das
spricht es doch nicht der Praxis des
Areal ist zu einem grossen Teil im
Regierungsrates kantonsinterne
Eigentum des Kantons Basel-Stadt.
Mit dem Kauf der Liegenschaft El-
Wir haben keine Zentrumsbedürf-
sässerstrasse 56 per 1.02.2009 und
nisse, die sich mit Einkaufsmeilen und
dem Einbezug in die Entwicklung
Verkehrsentlastung realisieren lassen
kann künftig eine einheitliche Ent-
wicklung dieses Gebiets ermöglicht
Wir erheben Anspruch darauf, Öffent-
lichkeit zu sein.
Beispielsweise fertig möblierte Appar- Weitere Gründe:tements für Novartismitarbeiter. ein- Wir glauben, die Architektur kann et-heitlich halt.
was Positives bewirken und tut dies
Einheitlich mit all den Projekten, welche auch, wenn ihre auf Befreiung zielenden in den letzten Jahren an der (noch) tat- Absichten mit der realen Praxis von
sächlichen Quartierbevölkerung vorbei Menschen zusammenfallen, die ihre und über sie hinweg geklotzt wurden. Freiheit ausüben.
Einheitlich für den Einheitsmenschen. (Die Freiheit der Menschen wird nie von Eine Einheit Wohnung zu zwei Einhei- Institutionen oder Gesetzen garantiert, ten Mensch zu x > 0 umgesetztes Kapital deren Aufgabe es ist, Freiheit zu garan-
-> da lacht das Herz des Standortes tieren. Deshalb kann man die meisten
Basel. Nicht dass dann da noch Leute dieser Gesetze und Institutionen drehen wohnen, die sich das schöne Zeugs im und wenden. Nicht weil sie mehrdeutig
Voltazentrumszentrum schlussamänd wären, sondern weil man „Freiheit" nur
gar nicht leisten können/wollen.
Wahrscheinlich frieren hier darum schon
den ganzen Winter lang Wohnungen leer vor sich hin – womit sie sich in
„Werte schaffen. Werte leben"
guter Gesellschaft befinden, zumal der
Novartis Campus gegenüber (mit sei-nen dekorierten betonierten Mauern) Gruss und Kuss
auch nichts anderes als Kälte verbreitet. Lucy Love und Armin
Abgesehen davon beelendet uns die
fortschreitende lineare Ausrichtung des öffentlichen Raums zu funktionellem Konsumverhalten.
Wir möchten der ImmoBas deshalb
das Sorgerecht entziehen und dem Fi-nanzdepartement die Vormundschaft
Steriler Brennpunkt der Zeitlupe
Wir schweben über dem Abgrund, heben sich gegenseitig auf und halten
gähnend tief erwartet uns der Sturz in ihre feste Umgebung der Langeweile die funktionale Langeweile. Die Lei- aufrecht. Diese Realität beherrscht un-chenstarre der Quartiere präsentiert uns sere ganze Art zu sein und sie erdrückt den Mangelzustand der Kultur. Eine uns dadurch.
Krankheit hat unsere Welt befallen: Die Herrschaft der Banalität. Alle sind durch
Wir werden uns die kollektive Erfah-
die Produktion und den Konsum hyp- rung nicht zugunsten des individuellen notisiert. Diese scheinbar zum Wohle der Erlebnisses wegnehmen lassen.
Menschen erschaffenen Umstände wur-
den zur alles vereinnahmenden Realität.
Wir werden die mechanische Zivili-
Die Wahl zwischen Zufriedenheit und sation und die kalte Architektur, die am
Technik wurde zu Gunsten der Technik Ende ihres Wettstreites zur gelangweilten
getroffen. Eine völlige Wendung muss Freizeit führen, nicht verlängern. unumgänglich dadurch bewirkt werden, dass vergessene Begierden ins Licht ge-
Wir kämpfen für ein der Begierde
rückt und vollkommen neue geschaffen angemessenes Leben.
werden. Die Kontrolliertheit und die lineare Ausrichtung des öffentlichen Raumes verhindert das Entstehen von
Momenten des wirklichen Aktivismus, welche nötig sind, um diesen Missstand
Da sich die Einzelnen nicht als Teil
der Öffentlichkeit fühlen, wird eine
fiktive Öffentlichkeit produziert, die
die Unbenutzbarkeit ihres öffentlichen
Raumes zu wollen scheint. Es gibt keine Öffentlichkeit zu erkennen, sondern nur Gestalten, die einander nichts geben und
sich jeglicher Situation und Kommu-
nikation enthalten. In Zufallssituatio-nen treffen sich getrennte, zielstrebig herumirrende Individuen. Ihre von einander getrennten Gemüterregungen
Basel baut sich sauber
gleichzeitig erschienen in Wochenzeitung (WOZ) # 24 vom 14.06.2007
Stadtentwicklung Basel: Im Wettbewerb
um gut betuchte SteuerzahlerInnen greift
Basel zur Abrissbirne. Aus günstigen
Wohnquartieren wie St. Johann werden
Lunapark, Buden und Beizen: Am
vergangenen Samstag wurde in Basel
die vierspurige unterirdische Nord-tangenteautobahn in Anwesenheit von
Verkehrsminister Moritz Leuenberger
eingeweiht (die 3,2 Kilometer lange
Strecke kostete 1,55 Milliarden Franken und ist damit das teuerste Strassenstück der Schweiz). Die Stadt hat sich selbst
gefeiert – und ihr Projekt, ein führender
Forschungs – und Wirtschaftsstandort in Europa zu werden. Basel kreiert sich neu. Stadtentwickler Stefan Dössegger vom Baudepartement sagt es am Beispiel des
nördlichen Gebiets ohne Umschweife:
«Das Ziel des Stadtumbaus in Basel Nord
ist die Schaffung attraktiven Wohnraums für gute Steuerzahler, die der Kanton braucht.» Damit werde ein «strukturelles Defizit behoben» und der «Geldfluss
sichergestellt». Die Verdrängung der
Bevölkerung aus den traditionellen Ar-
beiterquartieren St. Johann und Rosenau
nimmt Dössegger als «Dauerproblem schen den Kantonen entledigt sich der der Aufwertungsprojekte» billigend Kanton der sozialen Verantwortung. in Kauf.
Die Geschäftsleiterin des MieterInnen-verbands, Patrizia Bernasconi, kritisiert
Novartis, Roche und Syngenta
denn auch das neue Selbstverständnis des
Kantonsbaumeisters, der sich kürzlich
Und schnell soll sie gehen, diese als «Urban Manager» bezeichnet hatte.
«Aufwertung». Samuel Hess vom Wirt- Die Verwaltung folgt zunehmend einer
schafts – und Sozialdepartement sieht liberalen Logik – eine Entwicklung, die die grösste Leistung seines Departements auch in Genf, Winterthur oder Lau sanne denn auch darin, «nicht im Weg zu spürbar ist. Es ist kein Zufall, dass der stehen, Baugenehmigungen schnell zu Lausanner Professor Libero Zuppiroli vor erteilen und die Expansion der Gross- kurzem während einer Hannah-Arendt-unternehmen zu ermöglichen». Hess Konferenz in Lausanne in Bezug auf lobt dabei die «hervorragende und die mediale PR-Strategie der Novartis überproportionale Bedeutung» von über eine «citoyenneté d'entreprise»
Grossunternehmen für Basel. Die soge- sprach, einer Staatsbürgerschaft der
nannten Life Sciences, an deren Spitze Unternehmen. Damit meint er: Die die Pharma riesen Novartis, Roche und neue «unternehmerische Bürgerschaft» Syngenta stehen, erwirtschaften mit wandelt den politischen Bürger in ein ihren Zuliefe r ern zwanzig Prozent des ökonomisches Subjekt um, das an der Bruttoinlandsprodukts des Stadtkan- Wertschöpfung beständig mitarbeiten tons. Die Finanzdienstleistungen und muss. Ansprüche auf soziale Leistungs-
Versicherungen machen einen weiteren rechte werden zur Schimäre. Was zählt,
beträchtlichen Teil des Haushalts aus. ist die Kaufkraft.
Die 2005 beschlossene Totalrevision
der Kantonsverfassung stehe denn auch
MieterInnenschützerin Bernasconi
im Zeichen einer effizienten Zusam- sieht in diesem Zusammenhang auch menarbeit mit der Privatwirtschaft, das Recht auf Wohnen der Verwer-wie Dössegger lobt. Doch von dieser tungslogik untergeordnet: «Einen so-
Wertschöpfung bekommen nur wenige zialen Wohnungsbau gibt es in Basel
BaslerInnen etwas ab.
nicht. Die Zentralstelle für staatlichen
Liegenschaftsverkehr ZLV betrachtet
Mit der intensiven Bautätigkeit in die Liegenschaften als Finanzwerte, die
Basel wird ein Paradigmenwechsel in Rendite abwerfen müssen.»
der kommunalen Wohnungs – und Sozialpolitik sichtbar. Vor dem Hin-
Der Marktglaube als Charakteris-
tergrund des Steuerwettbewerbs zwi- tikum der Moderne, das hatte bereits vor
Jahren der polnische Soziologe Zygmunt «Weg von der schmutzigen Chemie»
Bauman herausgearbeitet. Der Markt
übernimmt die soziale Kontrolle über das
Novartis will sich mit dem Neubau,
Verhalten der Menschen und verlagert den sie «Campus» nennt, ein neues Image
ihre Erwartungen von der Produktion geben und investiert dafür bis 2009 zwei auf den Konsum. Das passt auch zum Milliarden Franken. Der Pharmakonzern
Umbau von Basler Quartieren, die ein will «weg von der schmutzigen chemi-
steriles Bild und ein subjektives Sicher- schen Industrie und hin zu Life Sciences
heitsgefühl vermitteln sollen. Bernasconi und zur Wissensgesellschaft», wie der nennt ein Beispiel: «Als Vorbereitung Basler Soziologe Peter Streckeisen, der auf die Euro 2008 werden die Quartiere die Flexibilisierung und Individualisie-gesäubert – weil es in Basel bislang keine rung der Arbeitsverhältnisse bei Novartis Rayonverbote gibt, geschieht dies via untersucht hat, sagt. Arbeiterquartiere Stadtentwicklung», sagt die MieterIn- und alte Produktionsanlagen wie der nenschützerin. In einem solchen Sys- Hafen St. Johann stören und müssen weg. tem ist es konsequent, sozial Schwache Das Ausmass der Einflussmöglichkeiten räumlich auszugrenzen. Ein Prozess, der der Public Private Partnership wird am zugleich beispielhaft für den Bruch mit Gemeinschaftsprojekt «Campus plus» der Produktion und der Hinwendung von Kanton und Novartis sichtbar, bei zur Finanzwirtschaft steht.
dem grossflächig Gebiete an die No-
vartis abgetreten werden und eine bis
Die Gentrifizierung (von engl. Gentry:
niederer Adel), teils auch Gentrifikation
(von engl. Gentrification), umgangs-
sprachlich auch Yuppisierung, ist ein in der
Stadtgeographie angewandter Begriff, der
einen sozialen Umstrukturierungsprozess
eines Stadtteiles beschreibt, die Aufwer-
tung des Wohnumfelds durch teils gezielte
und selektive Veränderung der Bevölke-
rung, sowie durch Restaurierungs- und
anhin öffentliche Strasse geschlossen gestellt, zu gehen oder einen erhöhten
wird. Der direkte finanzielle Aufwand Mietzins zu zahlen. Um diese Entwick-des Kantons liegt bei 160 Millionen lung abzuwenden, startete der Verband Franken. Daran soll sich die Novar- vor einem Jahr eine Mietwohnschut-tis auch beteiligen, erzählt Hess vom zinitiative gegen Zweckentfremdung
Wirtschafts – und Sozialdepartement, und Teilabbruch. Bernasconi sieht eine
macht jedoch keine Angabe über die Lösung des Problems zudem in der Höhe der Zuwendungen.
Gründung einer alternativen Pensions-
kasse. Durch Zweckbindung der Mittel könnten Immobilienspekulationen ver-
hindert werden.
Dass bei solchen Geschäften traditio-
«Nach dem Platzen der spekulati- nelle soziale Strukturen wie Nachbar-
ven Finanzblasen der New Economy schaftshilfe und Quartieridentität un-wenden sich auch die Pensionskassen widerruflich zerstört werden, scheint vermehrt hin zur Immobilienwirtschaft», die StadtentwicklerInnen nicht zu stö-
erzählt Bernasconi. Denn Immobilien ren. Der Verdrängungsprozess, der im gewährleisten die Abschöpfung von St.-Johann-Quartier nahezu 17 000
Profiten bei minimalem Risiko. Auch Menschen betrifft, wird mit einem un-
staatliche Liegenschaftsverwaltungen ternehmerischen Vokabular wie «guter
funktionieren teilweise nach diesem Einwohnermix», «Marktanpassung» und
Mus ter. Der MieterInnenverband deckte «Steuersubstrat» vernebelt.
vergangenes Jahr auf, dass die ZLV «im (.)Bestreben, ihr Immobilienportfolio zu
diversifizieren», kantonseigene Liegen-schaften an eine private Immobilien firma
verscherbelt hat. Innerhalb weniger Tage wurden die MieterInnen vor die Wahl
We make Basel sexy
(offizieller Slogan der neu geschaffenen Stelle "Basler Stadtentwickler")
Good morning !
In our street we just began to speak inconsciously your fucking global
business language, while one of your outsourced Reinigungsfirma is cleaning up the place before our house, from where we are looking at the sun. Novartis
Campus, das bedeutet: Die weltweit besten Leute kommen zusammen. Da werden Arbeitsprozesse beschleunigt, Multispacebüros eingeführt. Shared
areas. Die totale soziale Kontrolle. Erhöht die Leistung. Immer alles im
Blick. Das informelle Gespräch wird vom Architekten in Glaskisten gegossen. Multi Space Concept. Das spaart Zyt. Firmenkultur. Die hochneurotische Herde trippelt täglich in den Luxusknast in Basel-Nord, Angstschweiss mit Cacharel Louis Vuitton haute couture bedeckt. MonsieurMadame, you
are stinking . Ihr kommt aus 80 verschiedenen Ländern und seht doch alle gleich aus. Man nennt euch nicht migranten, No Sir, euch steckt man nicht in Ausschaffungsknäste, euch streicht man nicht das Sozialgeld, you are „high qualified expatriot". Und die Firma tut alles für euch. Pay for
you International School Basel. Making for you attractive the environment. Quartieraufwertung, clean walls, clean people, clean brain. Because you can
be good Steuerzahler, even if you are here only 2 or 3 years. Novartis people
you are making bad Stimmung. We don't like you.
Und bald schon die Neugestaltung der Voltamatte. Laut Medienmitteilung
Baudepartement Basel-Stadt vom 2. April 09 beginnt sie im nächsten Jahr. Kein Wort zum Robinsonspielplatz Voltamatte, auf dem Kinder seit 50 Jahren
einen Ort fürs freie Spiel in einer gewachsenen Landschaft vorfinden. Der
Robi liegt keine 10 Meter weit vom kamerabewachten NovartisCampuszaun
entfernt. Eine Faust aufs Auge. Ausdrücklich gesagt wird das natürlich von niemandem, zu sehr liegt der Stadt (und auch der Novartis) an einem partizi-pativen Mäntelchen, wenn es um bauliche Umwälzungen lange gewachsener
Strukturen geht. Das favorisierte Projekt sieht nun eine Verschiebung des Spielplatzes an die Voltastrasse mit diversen Pavillons vor. Dabei ist absehhbar, dass der jetzt noch verwilderte Charakter und dunkle nicht einsehbare Winkel
einer sauber funktionalen Benutzeroberfläche weichen wird. Das Spiel als planbares Modul in clean Novartisworld. How nice to look at!
Zur Öffentlichkeit – oder die
Zwiebel der Gesellschaft
Warum fühlt sich niemand betroffen
Warum denken wir alle, dass es zwar
scheisse ist – aber eben der Lauf der Dinge, das was die grosse Allgemeinheit will? Wer ist diese Allgemeinheit, die will, dass
Stadtteile privatisiert werden? Wer ist
die Allgemeinheit, die teure Wohnungen möchte?
Wer entscheidet darüber, was im öffentli-
chen Raum geschieht? Und darüber, was dort nicht geschieht?
Keine_r von uns, weder du, noch
wir, noch ich, scheinen uns als Teil der
Allgemeinheit zu sehen. Darum über-
lassen wir dieser den Raum vor unseren
Wohnzimmern, die Plätze, durch die wir
wandeln wie Besucher – wie variable Hologramme. Die Öffentlichkeit ist ein Begriff. Eine Norm, die den einzelnen Personen alle Spezifität abspricht, all das, was sie zu einem Einzelwesen macht, um den Schein „des Allgemeinen" zu
kreieren. Das was allen entsprechen soll.
Mit dem Ergebnis, dass sie keiner_m
mehr entspricht, keine_r sich ihr mehr zugehörig fühlt. Mit jedem Schritt hin-aus aus unseren Privaträumen kreieren wir das Bild der Öffentlichkeit mit.
Genau so, wie all die anderen, die wir
als Allgemeinheit identifizieren. Ge-nau wie alle anderen fühlen wir uns daran unbeteiligt. Wir sind alle Teil einer Öffentlichkeit, ohne uns als Teil zu empfinden, und kreieren so eine
scheinbare Allgemeinheit, an welcher und wahllos austauschen können – weil
niemand teilhat, welche dadurch wie- sie uns sowieso nicht betrifft. derum ignorant und teilnahmslos auf uns zurückschlägt. Selbstverständlich
Ich möchte aber betroffen sein. Ich
nützt dies manchen.
will mich zuhause fühlen, will diese Strassen bevölkern, statt sie zu begeistern.
Bestimmt gibt es auch noch immer Teil einer Umgebung sein, Teil eines
diejenigen, welche in diesem Gewebe Quartiers. Sodass es als Angriff empfun-an bestimmten Fäden ziehen. Jene oben, den wird, wenn es Stück für Stück unter die bestimmen, was und wie. Was auch den Füssen weggezogen wird, wenn der immer sie antreibt – Geld, Macht, oder Zugang versperrt wird und sich gläserne eine grenzenlose Ausgeliefertheit ihren Monster vor den Fenstern räkeln.
eigenen Wahrheitssystemen gegenüber – ist mir eigentlich schnuppe.
Wie mag es sein, Einfluss auf die
Veränderungen in nächster Nähe zu
Klar ist, dass kein Grund ihr Verhalten nehmen? Selbst für einen Lebensraum
sorgen, selbst darüber bestimmen, was
vor dem Küchenfenster geschieht?
Dies ist nur ein Teil der Misere.
Den diffusen Mächten der Kontrolle
Die Allgemeinheit kreiert sich selbst, nicht einfach ausgeliefert sein.
ohne ein selbst zu sein. Massenmediale
Instrumente helfen ihr dabei (oder sie
Nicht einfach mal sehen, was
hilft ihnen, das Huhn ist das Ei) – ein geschieht. fleischloses, vom Leben abgetrenntes, totes, sich aus sich selbst erhaltendes
Wir sind gar nicht so wenige. Wir
Konstrukt, das dich und mich regiert, sind gar nicht so allein.
das die Regeln diktiert und sie uns diktieren lässt.
Dieser Allgemeinheit wird nun also
alles gewidmet. Die Plätze, die Stra-ssen, der Friede in den Häusern. Diese
Allgemeinheit hat ein Interesse daran,
dass wir uns nicht zuhause fühlen in unserer Umgebung, dass wir durch sie hindurchschweben und sie willkürlich
Basel, im April 2009
Source: http://wasserstrasse.ch/images/artikel/Bruchst%C3%BCcke.web.pdf
Social Science & Medicine 55 (2002) 1325–1336 Researching sexual and reproductive behaviour: a peer ethnographic approach Neil Price*, Kirstan Hawkins1 Centre for Development Studies, University of Wales, Swansea SA2 8PP, UK In recent years, ethnographic research has challenged the notion within demography that fertility-related behaviour is the outcome of individualistic calculations of the costs and benefits of having children. Anthropology has furthercriticised the abstraction in demographic analysis of sexual behaviour and fertility decision-making from the socio-cultural and political context in which the individual or couple is located. Within demography itself, institutional andpolitical-economic analyses have argued strongly that sexual and reproductive behaviour must be understood withinlocally specific social, cultural, economic and political contexts. Positivist and empiricist research methods, such as thesample survey and focus groups, which continue to dominate demographic inquiry and applied research into sexual andreproductive behaviour, have been shown to be limited in their ability to inform about the process of behaviour changeand contexts within which different behaviours occur. The article introduces a new methodology for researching sexualand reproductive behaviour, called the peer ethnographic approach, which the authors have developed in an attempt toaddress some of the limitations of the methods which currently dominate research into sexual and reproductivebehaviour. The peer ethnographic methodology is discussed in detail and the results of recent field-testing are reported,which show that, although the approach has limitations, it also has the potential to make a significant contribution toour understanding of sexual and reproductive behaviour. r 2002 Elsevier Science Ltd. All rights reserved.
Critical Care Medicine Clinical Practice Guidelines for the Management of Pain, Agitation, and Delirium in Adult Patients in the Intensive Care Unit Juliana Barr, MD, FCCM1; Gilles L. Fraser, PharmD, FCCM2; Kathleen Puntillo, RN, PhD, FAAN, FCCM3; E. Wesley Ely, MD, MPH, FACP, FCCM4; Céline Gélinas, RN, PhD5; Joseph F. Dasta, MSc, FCCM, FCCP6; Judy E. Davidson, DNP, RN7; John W. Devlin, PharmD, FCCM, FCCP8; John P. Kress, MD9; Aaron M. Joffe, DO10; Douglas B. Coursin, MD11; Daniel L. Herr, MD, MS, FCCM12; Avery Tung, MD13; Bryce R. H. Robinson, MD, FACS14; Dorrie K. Fontaine, PhD, RN, FAAN15; Michael A. Ramsay, MD16; Richard R. Riker, MD, FCCM17; Curtis N. Sessler, MD, FCCP, FCCM18; Brenda Pun, MSN, RN, ACNP19; Yoanna Skrobik, MD, FRCP20; Roman Jaeschke, MD21