Microsoft word - gba-stn 07.11.2009.doc
zur Prüfung der Richtlinienverfahren
gemäß §§ 13 – 15 der Psychotherapie-Richtlinie
für die psychoanalytisch begründeten Verfahren
Diese Stellungnahme wurde als fachliche Einschätzung zum Fragenkatalog des
Gemeinsamen Bundessausschusses zur Prüfung der Richtlinienverfahren gem. §§
13 – 15 der Psychotherapierichtlinie – Psychoanalytisch begründete Verfahren – von
folgenden Verbänden und wissenschaftlichen Fachgesellschaften gemeinsam mit
der DGPT erarbeitet:
Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und
Ärztliche Psychotherapie (DGPM) e.V.
Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft e.V.
Deutsche Psychoanalytische Vereinigung
Deutsche Gesellschaft für Individualpsychologie
Deutsche Gesellschaft für Analytische Psychologie e.V.
Inhalt:
A
Allgemeiner Teil
Psychoanalytische
Psychoanalytische
Entwicklungspsychologie
Psychoanalytische
Persönlichkeitstheorie
Psychoanalytische
Krankheitstheorie
Psychoanalytisch begründete Veränderungs- und Behandlungstheorie
Die psychoanalytisch begründeten Verfahren und ihre Anwendungen
Indikationsstellung
Therapie-Forschung
Qualitätssicherung
Beantwortung der Fragen des Gemeinsamen Bundesausschusses 35
für die Prüfung der Richtlinienverfahren gemäß §§ 13 – 15 der
Psychotherapie-Richtlinie: Psychoanalytisch begründete Verfahren
Fragen zu den Verfahren 1.
Welche Techniken und Methoden sehen Sie als Bestandteil des
in der Richtlinie definierten Verfahrens?
Wie grenzen Sie die analytische Psychotherapie von der tiefenpsychologisch
fundierten Psychotherapie ab?
Fragen zum diagnostischen und therapeutischen Nutzen 3.
Benennen Sie ggf. Studien zum Nutzennachweis des Verfahrens in den
Anwendungsbereichen der Psychotherapie-Richtlinie gemäß § 22
Gibt es Hinweise auf Risiken durch Anwendung des Verfahrens in den
Anwendungsbereichen der Psychotherapie-Richtlinie gemäß § 22 ?
Ist eine spezifische Überlegenheit des Verfahrens bei der Behandlung
bestimmter Krankheitsbilder im Vergleich zu anderen Alternativen nachweisbar?
Über welchen Zeitraum können Katamnesen mit welchen Ergebnissen
nachgewiesen werden?
Fragen zur medizinischen Notwendigkeit 7.
Wie beurteilen Sie die medizinische Notwendigkeit des Verfahrens im
Versorgungskontext unter Berücksichtigung der Relevanz der medizinischen Problematik, des Verlaufes und der Behandelbarkeit der Erkrankungen nach den Anwendungsbereichen der PT-RL (§ 22)?
Fragen zur Wirtschaftlichkeit 8.
Gibt es Belege aus der vergleichenden Psychotherapieforschung zur
Wirtschaftlichkeit des Verfahrens im Vergleich zu den anderen in der Psychotherapie-Richtlinie genannten Verfahren?
Gibt es zusätzliche Aspekte, die in den oben aufgeführten Fragen
nicht berücksichtigt wurden?
Fragen zu möglichen Interessenkonflikten 10.
Bitte geben Sie an, in welcher Funktion Sie diese Stellungnahme abgeben
(z. B. als Verband, Institution, Privatperson) und machen Sie bitte Angaben zu möglichen Interessenkonflikten Ihrer Person bzw. der Institution, für die Sie sprechen
A Allgemeiner Teil
Die psychoanalytisch begründeten Verfahren umfassen verschiedene
Anwendungsformen, die von der Psychoanalyse abgeleitet worden sind. Die
Psychoanalyse ist heute als eine wissenschaftliche Disziplin zu betrachten, die eine
Vielzahl sich ergänzender Theorien umfasst. Das Gemeinsame dieser Theorien ist,
dass sie unbewusste seelische Prozesse und Strukturen sowie deren Auswirkungen
im Fühlen, Denken und Handeln zum Gegenstand haben.
Diese Stellungnahme äußert sich zu den psychoanalytisch begründeten Verfahren,
der analytischen Psychotherapie sowie der tiefenpsychologisch fundierten
Psychotherapie, da diese auf den gleichen theoretischen Grundannahmen über die
Struktur und Funktionsweise des Psychischen sowie den gleichen
Krankheitstheorien beruhen und nach identischen Wirkmechanismen funktionieren.
Sie stellen daher lediglich unterschiedliche Anwendungsformen der psychoanalytisch
begründeten Behandlungstheorie dar.
1 Psychoanalytische Grundlagen
Die theoretischen Grundlagen psychoanalytisch begründeter Psychotherapie
umfassen klinische Theorien, Entwicklungs- und Persönlichkeitspsychologie,
Veränderungs- und Behandlungstheorien, klinisch-psychologische Grundlagen-
forschung inklusive neurobiologischer Forschung, Psychotherapieforschung sowie
Sozial- und Kulturtheorien.
1.1 Klinische Theorien
Historisch haben sich innerhalb der klinischen Theorien einige führende Paradigmata
herausgebildet, die ihren Niederschlag in den wichtigsten klinischen Theorien
gefunden haben (Triebtheorie, Ich-Psychologie, Objektbeziehungstheorien,
Selbstpsychologie sowie intersubjektive Theorien). Diese Theorien schließen
einander in ihren modernen Formen nicht aus, sondern ergänzen einander, indem
sie je unterschiedliche Aspekte psychischen Funktionierens untersuchen und so ein
umfassendes und differenziertes Bild seelischer Prozesse liefern.
Die Triebtheorie entstand in der Behandlung hysterischer und angstneurotischer
Erkrankungen. Neurotische Symptome wurden in ihr als eine Kompromissbildung
zwischen einem Triebimpuls und seiner Verdrängung durch eine verbietende innere
Instanz verstanden. Später wurde das energetische Triebkonzept um andere
zentrale menschliche Motivsysteme erweitert, die ebenfalls störungsrelevant sind.
In der Weiterentwicklung dieser Theorie zur Ich-Psychologie entstand das
Strukturmodell mit den drei Instanzen Ich, Es und Über-Ich. Das Ich nimmt in diesem
Persönlichkeitsmodell eine zentrale Steuerungs- und Vermittlungsfunktion zwischen
den im Es repräsentierten triebhaften Impulsen, den im Über-Ich repräsentierten
verbietenden, kontrollierenden und zielsetzenden inneren Orientierungen sowie der
Realität der Außenwelt ein. Entsprechend liegt der Schwerpunkt der klinischen
Betrachtung auf den Ich-Funktionen, zu denen auch die Abwehrprozesse zählen.
Innerhalb der Ich-Psychologie wurden später Über-Ich-Pathologien bei dissozialen
Störungen sowie weitere ich-strukturelle Störungen beschrieben.
Die Objektbeziehungspsychologie legt den Schwerpunkt auf die verinnerlichten
Erfahrungen früherer Interaktionen mit den wichtigen Personen der prägenden
Entwicklungsphasen in Form von Selbst- und Objektrepräsentanzen. Persönlichkeit
sowie psychische Erkrankung sind in der objektbeziehungstheoretischen Perspektive
entscheidend durch die Qualität, die spezifische Konfiguration sowie den
Integrationsgrad der Selbst- und Objektrepräsentanzen bestimmt. Im
psychoanalytischen Verständnis sind diese Repräsentanzen aber keine einfachen
Abbilder (auch keine verdichteten Prototypen) von biographischen Erfahrungen,
sondern stellen Kompromissbildungen von Erfahrungen und Zuschreibungen dar, in
denen sich auch Abwehrprozesse widerspiegeln. Die Qualität, Konfiguration sowie
der Integrationsgrad der Selbst- und Objektrepräsentanzen bestimmen ganz
wesentlich über Möglichkeiten und Grenzen späterer Beziehungsgestaltungen.
Die Selbstpsychologie stellt Konzepte des Narzissmus und des Selbst in den
Vordergrund. Sie entstand in der Behandlung von Patienten mit narzisstischen
Störungen. Die Regulation des Selbstwertgefühls wird durch Störungen und
Begrenzungen in der frühkindlichen Fürsorge durch die primären Bezugspersonen
beeinträchtigt, was zur Entwicklung von ausgleichenden Strukturen wie Größen-
Selbst und Selbstobjekte der idealisierten Elternimago führt. Störungen im weiteren
Prozess der Korrektur und Realitätsanpassung des Selbst führen zu Gefühlen von
Kleinheit und Unwert, oft abgewehrt mit Selbstgefühlen der Allmacht und
Die intersubjektiven Theorien betonen, ausgehend von Befunden der Säuglings-
forschung, die wechselseitige Beeinflussung von Entstehung, Entwicklung und
Veränderung psychischer Strukturen und Funktionen, und wenden diese Sichtweise
auch auf die therapeutische Beziehung von Analysand* und Analytiker an. Diese
stärkere Beachtung der realen interpersonellen Beziehung neben der Übertragungs-
Gegenübertragungsbeziehung sucht Erkenntnisse über die intersubjektive
Entstehung psychischer Strukturen und Funktionen für die Gestaltung von
Interventionen und Beziehungen in der Therapie sowie für Entwicklungsschritte der
Patienten zu nutzen.
Als weitere wichtige Theorien sind die Analytische Psychologie nach Jung und die
Individualpsychologie nach Adler sowie deren Weiterentwicklungen anzusehen. Die
Individualpsychologie untersucht insbesondere die Einflüsse des Macht- und
Statuserlebens des Patienten, seine diesbezüglichen unbewussten Zielvorstellungen
sowie die gesellschaftlichen Einflüsse (z.B. Arbeitsplatzverlust) in ihren
Auswirkungen auf die Gestaltung der unbewussten Selbst- und Selbstwertregulation.
1.2 Psychoanalytische Entwicklungspsychologie
Die diagnostische und therapeutische Tätigkeit des psychoanalytisch arbeitenden
Psychotherapeuten beruht in wesentlichen Teilen auf Konzepten über gesunde und
beeinträchtigte seelische Entwicklungen. Sie gründen sich auf die gegenwärtig
anerkannten wissenschaftlichen Entwicklungstheorien. Auch wenn diese nicht
unmittelbar in die deutende und rekonstruktive Tätigkeit übersetzt werden können,
liefern sie doch wichtige Anhaltspunkte für Deutungen und für die Gestaltung der
* Zur besseren sprachlichen Verständlichkeit wurde im Text grundsätzlich die maskuline Form gewählt
Beziehung sowie für die Konzeptualisierung der Veränderungsprozesse. Die
moderne psychoanalytisch begründete Behandlungstechnik begreift den
therapeutischen Vorgang als einen Entwicklungsprozess, in dem bisher nicht
stattgefundene Lernerfahrungen nachgeholt, verkümmerte Fähigkeiten
angesprochen und gefördert sowie konflikthaft blockierte Prozesse der frühen
Entwicklung erneut in Gang gesetzt werden. Insofern stellen psychoanalytisch
begründete Verfahren „Formen einer ätiologisch orientierten Psychotherapie dar"
(PT-RL §14) dar.
Mit den Entwicklungstheorien haben sich auch die Krankheitstheorien der
Psychoanalyse verändert. Die eingehende, auch experimentelle Beobachtung von
Kleinkindern hat deutlich gemacht, dass nicht nur die kognitiven Fähigkeiten,
sondern auch die dem Einzelnen unbewussten psychischen Funktionen, die seine
Wahrnehmung sowie die Gestaltung seiner Beziehungen zu anderen Menschen und
zu sich selbst leiten, in einem von Geburt an stattfindenden affektiven
intersubjektiven Austausch des Kindes mit seinen wichtigen Beziehungspersonen
erworben und differenziert werden. Dazu gehören etwa das Bedürfnis des Säuglings
nach Bindung und die Entwicklung von lebenslang bestehenden
Bindungsrepräsentanzen, von Stilen der Affektkontrolle und –integration sowie eines
ausreichenden Schutzes gegen Reizüberflutung in frühen Interaktionen des Kindes
mit seinen wichtigen Bezugspersonen.
Die entwicklungspsychologische Dimension erlaubt es, in der Behandlung die
ätiologischen und psychogenetischen Vorstellungen von Patienten über die
Entstehung ihrer Symptome und Störungen, also die subjektive Krankheitstheorie, in
die alltagspsychologische Entwicklungstheorien einfließen („eine uneinfühlsame
Mutter hat Schuld an der Depression", „ein desinteressierter Vater bedingt
Homosexualität", „eine sexuelle Verführung in der Kindheit führt unweigerlich zu
Sexualstörungen"), im Licht wissenschaftlicher Entwicklungstheorien zu überprüfen.
Dazu werden aktuelle Theorien und Konzepte der Bindungstheorie, der Theory of
Mind-Forschung, der Gedächtnispsychologie, der Neurobiologie sowie der
Entwicklungspsychopathologie herangezogen. Mit ihrer Hilfe entwickeln Analytiker
und Analysand neue kohärente Narrative für bis dahin unbegriffene oder zu einfach
konstruierte Lebensgeschichten der Patienten, damit sich die bislang unbewussten
Hintergründe ihrer Symptome und Leidenszustände zu einem konsistenten
Verständnis und einem neuen Identitätsgefühl zusammenfügen lassen. Erkenntnisse
der modernen Genetik und epigenetischen Forschung, der Zwillingsforschung, der
Sozialisationsforschung und der Soziologie fließen hierbei ebenso ein wie höchst
idiosynkratische Bedeutungszusammenhänge, die im Licht ich-psychologischer,
objektbeziehungstheoretischer, selbstpsychologischer und intersubjektivistischer
Theorieansätze interpretiert werden.
Psychoanalytische/interdisziplinäre Säuglings- und Kleinkindforschung sowie
Erkenntnisse über die weiteren Transformationen im Verlauf der Entwicklung, etwa
die Resilienzforschung und die moderne Gedächtnisforschung, ermöglichen ein
tieferes Verstehens psychischen Erlebens und Verhaltens und sind in den
Ausbildungsinstituten mittlerweile fester Bestandteil des Curriculums.
1.3 Psychoanalytische Persönlichkeitstheorie
Die psychoanalytischen Theorien gehen davon aus, dass wesentliche Teile der
psychischen Prozesse, Funktionen und Strukturen unbewusst sind. Demgemäß wird
die Psyche des Menschen der topischen Theorie Freuds folgend in einen Bereich
des Unbewussten, des Vorbewussten und des Bewussten differenziert. Ergänzend
wird heute das Unbewusste differenziert in ein Vergangenheitsunbewusstes und
Gegenwartsunbewusstes, die durch Abwehr- und Regulierungsvorgänge
gegeneinander und gegenüber dem Bewusstsein abgeschlossen oder durchlässig
gestaltet werden. Die topische Theorie wird erweitert durch die Strukturtheorie mit
ihren drei Hauptstrukturen Ich, Es und Über-Ich (s.o.).
Die gleichzeitige Existenz von intentional ausgerichteten, handelnden und
verbietenden Persönlichkeitsanteilen ist die Ursache für insbesondere unbewusste
innerpsychische Konflikte, die nach psychoanalytischer Auffassung eine
entscheidende Rolle in der Entstehung psychischer Erkrankungen spielen, und zwar
dann, wenn sie nicht mit Hilfe des Ichs gelöst werden können. Dem Ich stehen für die
Erfüllung seiner Aufgabe der Integration innerpsychischer Intentionen sowie der
Vermittlung der Anforderungen der äußeren Realität viele Ichfunktionen (z.B.
Denken, Erinnern, Symbolisieren, Steuerung der Motorik, Abwehrmechanismen) zur
Verfügung. Eine wichtige innerpsychische Funktion erfüllen dabei die unbewusst
wirkenden Abwehrmechanismen, die beunruhigende unbewusste Inhalte vom
Bewusstsein fernhalten.
Die spezifische Persönlichkeitsstruktur eines Menschen entwickelt sich nach
psychoanalytischer Auffassung in seinen frühen Interaktionen mit den wichtigen
Personen (Objekten) der Kindheit. Sie entsteht aus den Interaktionen selbst, in
denen manche psychische Funktionen in Spiegelungs- und Austauschprozessen
entwickelt werden, sowie aus identifikatorischen und gegenidentifikatorischen
Prozessen, die zur konkordanten oder komplementären Verinnerlichung von
Haltungen, Denk- und Verhaltensweisen signifikanter Anderer führen, ein
Zusammenhang, der besonders eingehend für die psychoanalytische Traumatheorie
untersucht worden ist. Daraus entstehen eine spezifische Qualität der Ich-
Funktionen, die Qualität und Stärke der Abwehrmechanismen, die Qualität und
Stabilität der verinnerlichten Normen und Ideale sowie die Qualität und Konfiguration
der verinnerlichten Wahrnehmungs- und Erfahrungsmuster in Form von Selbst-,
Objekt- und Beziehungsrepräsentanzen. Psychische Repräsentanzen, die eine sehr
differenzierte Beschreibung der Persönlichkeit eines Menschen ermöglichen, sind die
überdauernden innerseelischen Niederschläge seiner Wahrnehmungen von Selbst,
Objekten und Beziehungen.
Persönlichkeit wird also verstanden als eine geschichtlich gewachsene Struktur, als
eine relativ zeitstabile Organisation der individuellen psychischen Dispositionen
sowie der integrativen und defensiven Anpassungsleistungen, die durch die
Interaktion zwischen der inneren Welt und der Umwelt entstanden sind. Die
Persönlichkeit entwickelt sich im Laufe des gesamten Lebens weiter.
1.4 Psychoanalytische Krankheitstheorie
Die psychoanalytischen Theorien gehen davon aus, dass sich bereits in der
frühkindlichen Entwicklung die grundlegenden seelischen Funktionen und Strukturen
in der Interaktion mit wichtigen Objekten, das heißt wichtigen Beziehungspersonen,
herausbilden und dann in den folgenden Entwicklungsphasen weiter differenziert
werden. Durch angeborene Prädispositionen und/oder Störungen der frühkindlichen
Interaktionen mit den Objekten kann die Entwicklung der psychischen Funktionen
und Strukturen beim Kind und später beim Adoleszenten und jungen Erwachsenen
beeinträchtigt werden. Diese Beeinträchtigungen bilden sich als unbewusste Trieb-
Abwehr-Konflikte, überkompensatorische Finalitäten, Beziehungsmuster sowie in der
entwickelten oder unzureichenden Verfügung über strukturelle Funktionen ab und
stellen damit Dispositionen für psychische Erkrankungen im späteren Leben dar.
Im Rahmen einer allgemeinen Krankheitslehre werden üblicherweise zwei
wesentliche Störungsaspekte unterschieden: konfliktbezogene und strukturbezogene
Konflikthafte motivationale Themen sind die zentralen Inhalte unbewussten
Erlebens. Der individuelle Umgang mit ubiquitären motivationalen Lebensthemen
entscheidet über die Anfälligkeit für bestimmte psychische Erkrankungen. Früh
entstandene unangemessene (neurotische) Lösungsversuche für
innerpsychische Konflikte überdauern als Motiv-Abwehr-Dynamik, schränken die
individuelle Lebensgestaltung erheblich ein und können zu psychischer
Anfälligkeit und nachfolgender Dekompensation im Rahmen auslösender
Lebenskonstellationen führen. Mit dem ungelösten frühen Konflikt und der
auslösenden Konstellation findet sich regelmäßig eine Zweizeitigkeit der
Krankheitsentstehung. Bei solch einer konfliktbezogenen Pathogenese spielt das
Ausmaß der Rigidität der Motiv-Abwehr-Dynamik sowie deren Verwobenheit mit
der Gesamtpersönlichkeit eine wichtige Rolle. Es besteht dabei im Sinne einer
Ergänzungsreihe ein Kontinuum zwischen einer aktuellen Auslösesituation
einerseits, die eine latente pathogene Konfliktdynamik aktiviert, sowie einer die
Persönlichkeit bestimmenden habituellen und rigiden Abwehrdynamik
andererseits. Auslösesituationen können auch bei ansonsten weitgehend flexibler
und angemessener Abwehr einen latenten Konflikt bis hin zur
Symptomentwicklung aktualisieren, wenn sie eine intensive Konfliktspannung
induzieren. Bei einer rigiden Abwehr, die keine situationsangemessene Flexibilität
zuläßt, kann bereits eine geringe Konfliktspannung zur Symptomproduktion
Eine mangelnde Verfügbarkeit über basale psychische Funktionen (wie z.B. die
Fähigkeit zur Selbst- und Objektwahrnehmung, zur Affekt- und Impulskontrolle,
zur Symbolisierung oder zur Realitätsprüfung) stellt einen weiteren Aspekt
psychischer Störungsdisposition dar. Die Nichtverfügbarkeit über diese so
genannten strukturellen Funktionen wird ebenfalls als Folge lebensgeschichtlicher
Bedingungen gesehen. Sie entstehen auf dem Boden früh einwirkender
deprivierender und/oder traumatisierender Lebensumstände sowie bei fehlenden
Entwicklungsmöglichkeiten insbesondere für solche psychischen Funktionen, die
für die Gestaltung sozialer Interaktionen relevant sind. Jedoch erfüllen auch die
strukturellen Einschränkungen psychodynamische Regulierungsfunktionen für die
vom Einzelnen nicht integrierbaren Motive, Selbst-/Objektrepräsentanzen und
Affekte. Auf dem Boden dieser sog. strukturellen Störungen entwickeln sich
vielfach habituelle problematische Lebens-, Verhaltens- und Beziehungsmuster.
Eine geringe Verfügbarkeit über basale psychische Funktionen korreliert deutlich
mit hoher Komorbidität für psychische Störungen.
Eine besondere Gruppe unter den strukturellen Störungen stellen die traumatisch
bedingten Erkrankungen dar. Bei aus kumulativen Traumata entstandenen
Erkrankungen werden einerseits innerpsychische Repräsentanzen der
traumatisierenden Personen (Objekte) gebildet, die eine unbewußte Tendenz zur
Wiederholung des Traumas konstituieren, oft in Form autoaggressiver Muster,
andererseits werden die traumatischen Erlebnisse und Beziehungserfahrungen
tendenziell von der Erinnerung abgespalten. Die Abspaltungen beinhalten oder
schwächen weitere psychische Funktionen, die eine erinnernde Verbindung
herstellen und damit eine integrierende Verarbeitung bewirken könnten. Dadurch
können weite Bereiche des psychischen Lebens ausgeschaltet werden, die
innerpsychisch weiterhin wirksamen pathogenen Objektrepräsentanzen bleiben
unveränderbar. Bei akuten Traumata entstehen aktuelle ausgeprägte
Angstreaktionen, die auf dem Zusammenbruch wichtiger Funktionen wie dem
Vertrauen in die Existenz eines schützenden Objektes, der Angsttoleranz und der
Angstkontrolle beruhen. Auch hier kann es zu pathologischen Identifizierungen
und Abspaltungen kommen.
Die beiden Krankheitsmodelle der konfliktbezogenen und der strukturbezogenen
Störung ergänzen sich im Verständnis individueller Erkrankungen. In der Regel
liegen Störungen in beiden Dimensionen in einem individuellen Mischungsverhältnis
vor. Konfliktive und strukturelle Störungsaspekte prägen wesentlich die Beziehungen
innerhalb und außerhalb einer Psychotherapie. Das Verhältnis der Störungsaspekte
beeinflusst die Wahl des therapeutischen Vorgehens.
1.5 Psychoanalytische Veränderungs- und Behandlungstheorie
Aus der oben skizzierten Krankheitstheorie leiten sich die zentralen therapeutischen
Ziele, Strategien und technischen Vorgehensweisen ab. Es lassen sich für die
psychoanalytisch begründeten Verfahren grundsätzlich zwei die Therapieplanung
beeinflussende übergreifende Zielsetzungen beschreiben, die sich gegenseitig
• Zum einen die Überwindung einer aktuellen psychischen und/oder
psychosomatischen Symptomatik, ausgelöst durch äußere Belastungsereignisse
oder durch die Aktualisierung innerer Konflikte bei einer entsprechenden
psychischen Disposition. Das gelingt oft schon mit kurz dauernden
• Zum anderen die Bearbeitung lebensgeschichtlich verankerter, überdauernder
unbewusster neurotischer Konflikt- und Beziehungskonstellationen, die
Entwicklungsförderung basaler struktureller Funktionen und damit einhergehend
die Veränderung der Selbst- und Objektrepräsentanzen. Diese strukturellen
Veränderungen benötigen meist längerfristige Therapien.
Psychoanalytisch begründete Psychotherapien verfügen, um diese Ziele zu
erreichen, über verschiedene therapeutische Strategien und Techniken. Ihre
Auswahl und Anwendung erfolgt adaptiv an die aktuelle Erkrankung gemäß den
Anteilen, die konflikthafte und strukturelle Aspekte jeweils zur Krankheitsentstehung
Die wichtigsten Elemente der therapeutischen Wirkung psychoanalytisch
begründeter Psychotherapien sind die Herstellung einer hilfreichen therapeutischen
Beziehung, die Vermittlung von affektiver bzw. erlebnisnaher Einsicht in die
unbewussten Hintergründe von Symptomatik, Erleben und Handeln eines Patienten
sowie die Entwicklungsförderung für unzureichend aufgebaute strukturelle
Die Wirkung der therapeutischen Beziehung:
Die systematische Nutzung der unterschiedlichen Aspekte der therapeutischen
Beziehung stellt ein zentrales Element psychoanalytisch begründeter
Psychotherapien dar. Es werden drei Aspekte der therapeutischen Beziehung
unterschieden: die Übertragungsbeziehung, das Arbeitsbündnis (auch
therapeutische Allianz genannt) und die Realbeziehung. Während die beiden
letzteren Aspekte auch in anderen Psychotherapieverfahren konzeptuell von
Bedeutung sind, stellt die systematische Nutzung zunächst unbewusster
Übertragungs- und Gegenübertragungsaspekte der therapeutischen Beziehung ein
Spezifikum psychoanalytisch begründeter Psychotherapie dar.
Insbesondere die Dichte der therapeutischen Beziehung wird dem einzelnen
Patienten sowohl in Bezug auf konfliktbezogene als auch strukturbezogene
Störungsaspekte so angepasst, dass eine hinreichend veränderungswirksame
Bearbeitungstiefe erreicht und aufrecht erhalten wird.
Im Wesentlichen lassen sich drei veränderungswirksame Funktionen der
therapeutischen Beziehung beschreiben:
• Die therapeutische Beziehung bietet einen verlässlichen und geschützten
Rahmen als Voraussetzung dafür, dass der Patient sich auf den therapeutischen
Prozess und die damit verbundene psychische Arbeit einläßt.
• Die therapeutische Beziehung vermittelt neue, verändernde emotionale
Erfahrungen, indem in der Übertragungs-Gegenübertragungs-Beziehung nicht
das dem Patienten bekannte und in seinen Beziehungsrepräsentanzen
verinnerlichte Modell wiederholt wird. Dieses kann sich vielmehr mit Hilfe der
ständigen Selbstreflektion des psychoanalytisch begründet arbeitenden Thera-
peuten und ihrer Thematisierung dem Patienten gegenüber neu entwickeln.
• In der Übertragungsbeziehung stellen sich strukturelle Auffälligkeiten, ungelöste
innerpsychische Konflikte, die damit verbundenen Affekte und charakteristische
Abwehrkonstellationen als Anknüpfungen an frühere signifikante Beziehungen
dar. Sie werden damit interpersonell erlebbar, auch wenn sie (noch) nicht
verbalisiert werden können. Psychoanalytisch begründete Interventionsformen
nutzen daher diese interpersonelle Manifestationsform störungsrelevanter
psychischer Dispositionen für ihre Bewusstmachung und Bearbeitung.
Die neuen Erfahrungen des Patienten innerhalb der therapeutischen Beziehung, die
Erarbeitung eines Verstehens bisher unverstandener Interaktionsweisen des
Patienten und die psychoanalytische Grundhaltung des Therapeuten verändern die
Einstellung des Patienten zu sich selbst und zu seiner Umwelt. Die beständig
erfahrene Reflexion des Therapeuten, seine Haltung und Verstehensbemühungen
werden vom Patienten überprüft und ggf. internalisiert. So wird die eigenständige und
stabile psychischen Entwicklung entscheidend gefördert. Dazu dient das Erkennen
und soweit möglich, das Überwinden der eigenen selbst- und fremdschädigenden
Beziehungsmuster.
Die Tiefe der Regression innerhalb der therapeutischen Beziehung in
psychoanalytisch begründeten Psychotherapien richtet sich einerseits nach dem
Grad der Verankerung der Störungsdispositionen in der Persönlichkeit und orientiert
sich andererseits am Ausmaß struktureller Vulnerabilität. Ebenso variiert das
Ausmaß der expliziten Bearbeitung der Übertragungs-Gegenübertragungsbeziehung.
Um die dargestellten Wirkungen erzielen zu können, ist es unerlässlich, dass die
therapeutische Beziehung sich von Alltagsbeziehungen unterscheidet. Der
Therapeut wechselt ständig zwischen einer empathischen und einer reflektierenden
Einstellung hin und her, was es ihm ermöglicht, die Interaktion mit dem Patienten als
Beziehungspartner sowohl zu erleben wie auch sie mit einer Distanz zu überdenken.
Eine wichtige Voraussetzung für diesen Perspektivenwechsel des Therapeuten in
psychoanalytisch begründeten Behandlungen ist das ständige Bemühen des
Therapeuten um Abstinenz, Anonymität und Neutralität als Bedingungen der
Entwicklung von innerer Freiheit auf Seiten des Patienten. Abstinenz heißt, den
Behandlungsrahmen überschreitende Wünsche des Patienten sowie des
Therapeuten nicht zu erfüllen, sondern in ihrer unbewussten Bedeutung zu
hinterfragen. Anonymität bedeutet, dass keine persönliche Bekanntschaft oder
Beziehung zwischen dem Analytiker und dem Patienten besteht. Sie sichert die
Übertragungsbereitschaft des Patienten und gibt ihm die Gewissheit, dass seine
Mitteilungen in der Behandlung vertraulich bleiben. Neutralität heißt, dass der
Therapeut für alle Mitteilungen des Patienten offen ist und keine Vorauswahl oder
Bewertung trifft, im Sinne einer technischen Neutralität auch nicht Stellung nimmt für
eine der immer vorhandenen unterschiedlichen Strebungen eines Patienten, sondern
ihm hilft, seine eigene Entscheidung zu finden. - Weitere wirksame
Beziehungsfunktionen betreffen die Erfassung der patientenspezifischen und –
bezogenen Beziehungsgestaltung in verschiedenen Therapiephasen sowie die
fortlaufende Reflektion der Einflüsse des jeweiligen Therapeuten auf die Entwicklung
des konkreten Patienten.
Vermittlung von Einsicht in unbewusste Hintergründe
Da pathogene Konflikte und die dazugehörigen Affekte unbewusst sind, besteht eine
wesentliche psychoanalytisch begründete Strategie in ihrer Bewusstmachung bzw.
Aufdeckung; dadurch gelangen die bis dahin unbewusst wirkenden
Motive/Impulse/Affekte ins Bewusstsein und werden dem bewussten,
realitätsbezogenen Denken, Reflektieren, Entscheiden und Handeln zugänglich.
Der Prozess der Bewusstmachung führt zu einem bewussten emotionalen Erleben
(Einsicht) der bis dahin abgewehrten Wünsche und Affekte (z.B. Schuld, Angst,
Enttäuschungswut, Trauer …). Ebenso werden dem Patienten bis dahin unbewusste
Verhaftungen in infantilen Beziehungsmustern, die er internalisiert hat, zugänglich.
Die Einsicht in die unbewussten Hintergründe seines Fühlens, Denkens und
Handelns ermöglicht dem Patienten, sich von der Wirkung des unbewussten
Wiederholungszwanges zu befreien und neue Handlungs- und Verhaltensweisen zu
gewinnen. Er kann bisher abgetrennte Teile seiner Lebensgeschichte integrieren, ein
realistisches Selbstkonzept entwickeln und dem Erwachsenenalter angemessene
Verhaltensweisen entwickeln. Dazu gehört wesentlich auch, sich situationsadäquat
auf die aktuelle Umgebung einstellen zu können statt präexistente, in früheren
Lebensabschnitten entwickelte Verhaltens- und Reaktionsmuster zu wiederholen.
Die zentrale aufdeckende Technik besteht in der Deutungsarbeit, für die Verstehens-
und Interventionstechniken wie szenisches Verstehen, deutendes (Nach-)Fragen,
Klarifizierungen, Konfrontationen, Deutungen, Rekonstruktionen und Konstruktionen
angewandt werden. Die Deutungsarbeit betrifft in der jeweiligen Dynamik des
therapeutischen Prozesses die Aufdeckung von drei zentralen Elementen: den
Wunsch/Impuls, die dazugehörige Angst (bzw. weitere Affekte), sowie die dadurch
ausgelöste Abwehr, die sich in der Behandlung oft als Widerstand manifestiert.
Deutungsarbeit kann je nach Form und Stand der Behandlung auf aktuelle
Außenbeziehungen und -konflikte, vergangene Lebens- und Erlebenskonstellationen
sowie auf die therapeutische Beziehung fokussiert werden.
Gegen die Bewusstmachung unbewusster Inhalte richtet sich in der Behandlung oft
ein Widerstand, der auf eine besondere Empfindlichkeit in diesem Bereich hinweist.
Verstehen und Deutung gelten dann zuerst diesem Widerstand, bevor die dahinter
liegenden Inhalte bearbeitet werden können. Widerstände treten regelmäßig in einer
psychoanalytisch begründeten Psychotherapie auf. Sie können, wenn sie nicht
hinreichend vorsichtig und einfühlsam bearbeitet werden, zum Behandlungsstillstand
oder gar zum Behandlungsabbruch führen, weil ihre Missachtung ausgeprägte, für
den Patienten nicht bewältigbare Ängste auslösen kann. Das Auftreten von
Widerständen erfordert daher eine sensible und je nach Rigidität/Flexibilität der
Abwehr mehr oder weniger Zeit gewährende Bearbeitung.
Bei einer überwiegend in der lebensgeschichtlichen Entwicklung verankerten und
rigiden, die Persönlichkeit dominierenden inneren Konflikt-Abwehr-Dynamik ohne
stark ausgeprägte strukturelle Beeinträchtigung besteht eine wesentliche Strategie
darin, die rigide Abwehr zu lockern, damit die der psychischen Störung
zugrundeliegenden unbewussten Konfliktkonstellationen und verinnerlichten
Beziehungsmuster (Selbst- und Objektrepräsentanzen) sowie die damit verbundenen
Affekte der bewussten Bearbeitung zugänglich werden. Dies kann u. U. nur durch
eine angemessene Förderung und Intensivierung regressiver Prozesse erreicht
werden, wobei hohe Stundenfrequenz, liegendes Setting sowie die Vorgabe der
psychoanalytischen Grundregel (nämlich nach Möglichkeit alle Gedanken,
Empfindungen und Einfälle spontan, also ohne Auswahl oder Zensur,
auszusprechen) solche regressiven Prozesse fördern.
Bei einer durch eine aktuelle Auslösesituation aktivierten pathogenen
Konfliktdynamik und ansonsten weitgehend flexibler und adaptiver Abwehr ist die
Intensivierung von regressiven Prozessen meist nicht notwendig. Die
veränderungswirksame Deutungsarbeit kann direkt bei den aktuell wirksamen, die
Symptomatik bedingenden inneren Konflikten und ihren Manifestationen in
Außenbeziehungen sowie in der Übertragung ansetzen.
Strukturbildende therapeutische Arbeit:
Stehen Beeinträchtigungen struktureller Funktionen im Vordergrund, richtet sich die
therapeutische Strategie darauf, eine Nachreifung der unentwickelten Funktionen zu
erreichen, sie zu stärken und in ihrer Entwicklung zu fördern.
Sitzendes Setting, i. d. R. niedrigere Stundenfrequenz und die stärker strukturierende
sowie fokussierte therapeutische Aktivität ermöglichen eine stabilisierende
Handhabung regressiver Prozesse. Dabei lassen sich idealtypisch zwei Strategien
und Vorgehensweisen beschreiben, die sich vornehmlich hinsichtlich der expliziten
Thematisierung der aktuellen Übertragungsbeziehung unterscheiden.
Strukturstabilisierendes Vorgehen: Um eine Stabilisierung der strukturellen
Funktionen und damit des psychischen Gleichgewichts zu erzielen, stehen so
genannte supportive Techniken zur Verfügung. Der Therapeut stellt sich aktiv als
„Hilfs-Ich" zur Verfügung. Stabilisierende Interventionen sind direktiv,
abwehrstärkend und bewältigungsorientiert; sie sollen Regression verhindern oder
begrenzen, die Realitätsanpassung verbessern, reife Abwehrmechanismen
unterstützen und dadurch beispielsweise Affektüberflutungen vermeiden und
handhabbar machen. Die affektiven Prozesse werden in der Regel nicht auf die
therapeutische Beziehung bezogen, es wird vielmehr angestrebt, Übertragungen auf
den Therapeuten zu begrenzen. Therapeut und Patient suchen in einer affektiv
neutralen und objektivierenden Haltung die Beeinträchtigungen struktureller
Funktionen vorrangig für Situationen und Konstellationen außerhalb der Therapie zu
Strukturdynamisches Vorgehen: Bei diesem Vorgehen steht das Verstehen der mit
den strukturellen Aspekten verbundenen innerseelischen Dynamiken stärker im
Vordergrund, in dem Sinne, dass hier dem Handeln und Erleben des Patienten eine
innerpsychische Regulierungsfunktion zugesprochen wird, die es gemeinsam mit
dem Patienten zu explorieren und zu verstehen gilt. Dies kann durch (auch
deutende) Fokussierung auf Manifestationen der strukturell und affektiv bedingten
Dynamiken innerhalb der therapeutischen Beziehung oder auch innerhalb von
Außenbeziehungen geschehen. Durch diese das Wahrnehmen und Verstehen von
Affekten und Handlungen und ihrer innerpsychischen Hintergründe fördernden
Techniken entstehen integrierte Selbst- und Objektrepräsentanzen sowie stabile
Verknüpfungen von Handlungen mit innerpsychischen Bedeutungen.
Bei traumatisch bedingten Erkrankungen kann je nach der Art des Traumas der
Schwerpunkt der Behandlung variieren. Bei akuten traumatischen Reaktionen liegt er
auf der Wiederherstellung der Angsttoleranz v. a. durch die Errichtung eines sicheren
Rahmens der Behandlung und durch die Förderung der Entwicklung einer positiven
Übertragung, in der der Therapeut als schützendes Objekt erlebt wird. Im nächsten
Schritt wird dieses Objekt internalisiert und kann so ein von der Anwesenheit äußerer
Objekte unabhängiges Sicherheitsgefühl herstellen. Bei traumatischen Erkrankungen
mit ausgeprägten strukturellen Störungen wird ein strukturstabilisierendes und/oder
ein strukturdynamisches Vorgehen, angepasst an die Möglichkeiten des jeweiligen
Patienten, angewandt. Bei Ängsten werden auch hier angstbezogene Techniken
Nach heutiger psychoanalytischer Auffassung stellt die Verknüpfung von aktuellen
Konflikten, Affekten und strukturellen Aspekten, wie sie in der therapeutischen
Situation bemerkbar werden, mit einer impliziten oder expliziten Rekonstruktion der
Geschichte des Patienten den zentralen psychoanalytischen Wirkfaktor dar.
Literatur:
Altmeyer M, Thomä H (Hrsg., 2006): Die vernetzte Seele. Die intersubjektive Wende
in der Psychoanalyse. Klett-Cotta: Stuttgart
Bohleber W (2000): Die Entwicklung der Traumatheorie in der Psychoanalyse.
Psyche – Z. Psychoanal. 54, 797 – 839
Bowlby J (1975): Bindung. Eine Analyse der Mutter-Kind-Beziehung. Kindler:
Dornes M (1997). Die frühe Kindheit. Entwicklungspsychologie der ersten
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2 Die psychoanalytisch begründeten Verfahren und ihre
Die Psychotherapie-Richtlinie fasst analytische Psychotherapie und
tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie als „psychoanalytisch begründete
Verfahren" zusammen:
„Diese Verfahren stellen Formen einer ätiologisch orientierten
Psychotherapie dar, welche die unbewusste Psychodynamik neurotischer
Störungen mit psychischer oder somatischer Symptomatik zum Gegenstand der
Behandlung machen." (§14 Abs. 1)
Bei der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie werden weitere
„Sonderformen" unterschieden: Kurztherapie; Fokaltherapie; Dynamische
Psychotherapie; niederfrequente Therapie in einer längerfristigen, Halt gewährenden
therapeutischen Beziehung. Psychoanalytisch begründete Verfahren können im
Einzel- oder Gruppensetting Anwendung finden.
Der Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen umfasst in Deutschland für
analytische Psychotherapie 160, in besonders begründeten Fällen 240 Sitzungen
und in Ausnahmefällen bis zu in der Regel 300 Sitzungen, für tiefenpsychologisch
fundierte Psychotherapie 50, in besonders begründeten Fällen 80 und in
Ausnahmefällen bis zu in der Regel 100 Sitzungen. Die Behandlungsfrequenz ist laut
Psychotherapie-Richtlinie (§20) in den psychoanalytisch begründeten Verfahren auf
maximal 3 Behandlungsstunden in der Woche zu begrenzen, wobei in begründeten
Fällen einzelne Abschnitte in höherer Wochenfrequenz zulässig sind.
Allen psychoanalytisch begründeten Psychotherapien (sowie den Sonder- und
Anwendungsformen) liegen die eingangs beschriebenen klinischen
psychoanalytischen Theorien, die psychoanalytische Krankheitstheorie sowie die
psychoanalytische Veränderungs- und Behandlungstheorie zugrunde. Die
psychoanalytisch begründeten Psychotherapien verfügen über ein breites Spektrum
unterschiedlicher Behandlungstechniken und Settings.
Die Unterschiede von analytischer und tiefenpsychologisch fundierter
Psychotherapie betreffen Fragen der Fokussierung und Begrenzung in der
therapeutischen Zielsetzung und Intensität der Durcharbeitung. Diese Art der
Prozesssteuerung geschieht durch die Modifikation der eingesetzten therapeutischen
Techniken, wodurch ein Mehr oder Weniger von regressiven Entwicklungen, ein
Mehr oder Weniger an Betonung und direkter Bearbeitung der
Übertragungsbeziehung, ein Mehr oder Weniger an konkreter Unterstützung und
Ressourcenförderung etc. bewirkt wird. Letztlich bewegen sich diese Variationen
aber auf Kontinua innerhalb der psychoanalytisch begründeten
Behandlungstechniken.
Im Folgenden werden die wichtigsten Behandlungsstrategien1 psychoanalytisch
begründeter Psychotherapien kurz beschrieben. Basis aller Behandlungsstrategien
psychoanalytisch begründeter Psychotherapien ist die Etablierung einer tragfähigen
therapeutischen Beziehung, die Gewährleistung eines stabilen und geschützten
therapeutischen Rahmens und die Arbeit an unbewussten psychischen Inhalten,
Prozessen und Strukturen (vgl. Kapitel 1.5).
1 In § 6 Abs. 2 und 3 der PT-RL wird von einem anerkannten Verfahren neben der umfassenden Theorie eine
Behandlungsstrategie für ein breites Spektrum von Anwendungsbereichen und darauf bezogene Konzepte zur
Indikationsstellung, individuellen Behandlungsplanung sowie Beziehungsgestaltung gefordert. Hier fassen wir
deshalb unter dem Begriff der Behandlungsstrategie sowohl die beiden als „psychoanalytisch begründet"
geltenden Verfahren wie deren Anwendungsformen zusammen.
Analytische Einzeltherapie
Analytische Psychotherapie bezeichnet jene Behandlungsstrategie, die neben der
Bearbeitung aktueller Konfliktthemen und der Zentrierung auf aktuelle Symptome die
nachhaltige Modifizierung der darunter liegenden neurotischen Objekt- und
Selbstrepräsentanzen und strukturellen Vulnerabilitäten zum Ziel hat. Dazu sind in
der Regel längere und in der Frequenz intensivere Behandlungen notwendig, wobei
auch diesbezüglich modifizierte Formen entwickelt wurden. Als ein Charakteristikum
analytischer Psychotherapie kann die Arbeit an und in der Übertragungsbeziehung
Analytische Psychotherapie ist indiziert bei einer starken lebensgeschichtlich
entstandenen Verankerung der störungsrelevanten Dispositionen in der
Gesamtpersönlichkeit. Die Handhabung regressiver Prozesse innerhalb der
therapeutischen Beziehung in analytischen Psychotherapien richtet sich einerseits
nach dem Grad der Verankerung der zugrundeliegenden Dispositionen in der
Persönlichkeit und orientiert sich andererseits am Ausmaß struktureller Vulnerabilität.
Dabei lassen sich idealtypisch zwei grundlegende Handhabungsformen
unterscheiden, die in der Praxis aber je nach oben beschriebenem
Mischungsverhältnis von konfliktbedingten und strukturbedingten Störungsanteilen
und je nach Therapiephase variabel eingesetzt werden können.
Bei einer stark in der lebensgeschichtlichen Entwicklung verankerten und die
Persönlichkeit konstituierenden, relativ rigiden inneren Konflikt-Abwehr-Dynamik
sowie bei ausreichender Verfügbarkeit über strukturelle Funktionen unterstützen
Setting und Technik die Förderung und Intensivierung regressiver Prozesse
innerhalb der therapeutischen Beziehung, so dass Abwehr gelockert wird und die der
psychischen Störung zugrundeliegenden unbewussten Konfliktkonstellationen sowie
die damit verbundenen Affekte dem bewussten Erleben zugänglich und einer
adaptiven Lösung zugeführt werden können. Hohe Stundenfrequenz, liegendes
Setting und freie Assoziation fördern solche regressiven Prozesse. Die deutende
Bearbeitung der Übertragungsbeziehung unter Einbeziehung aktueller und
vergangener Beziehungs- und Konfliktkonstellationen steht idealtypisch im Zentrum
der Behandlungstechnik.
Bei stark ausgeprägter struktureller Vulnerabilität, insbesondere wenn verbunden mit
der Neigung zu maligner Regression, werden Setting und Technik so ausgerichtet,
dass regressive Prozesse begrenzt werden und die Entwicklung der stabilen
Verfügbarkeit über strukturelle Funktionen innerhalb der therapeutischen Beziehung
zunächst im Vordergrund steht. Sitzendes Setting, i. d. R. niedrigere Stunden-
frequenz und die stärker strukturierende sowie fokussierter therapeutische Aktivität
ermöglichen eine stabilisierende Handhabung regressiver Prozesse, wobei sich die
beschriebenen therapeutischen Konzepte darin unterscheiden, wie explizit auf die
aktuelle Übertragungsbeziehung eingegangen wird.
Aufdeckende und strukturaufbauende Interventionsformen können, je nach
individuellem Mischungsverhältnis von konflikt- und strukturbezogenen
Störungsanteilen sowie in Abhängigkeit vom Prozessgeschehen, flexibel und
patientenbezogen eingesetzt und kombiniert werden. Die Techniken können flexibel
auf die Bearbeitung von aktuellen Außenbeziehungen und inneren Konflikten,
vergangenen Lebens- und Erlebenskonstellationen sowie auf das aktuelle
Übertragungs- und Gegenübertragungsgeschehen fokussieren.
Bei sehr schwerer struktureller Beeinträchtigung kommt analytische Psychotherapie
zudem auch in Form einer niederfrequenten, langfristigen und Halt gebenden
Psychotherapie zum Einsatz. Die Sitzungsfrequenz ist mit üblicherweise einer
Wochenstunde niedrig, ermöglicht aber über die Langfristigkeit des
Beziehungsangebots verbunden mit dem Einsatz supportiver und vorsichtig
aufdeckender Techniken dennoch die Entwicklung eines auf die Veränderung der
psychischen Strukturen ausgerichteten therapeutischen Prozesses.
Tiefenpsychologisch fundierte Einzeltherapie
Bei den tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapien, die in der Regel mit einer
Frequenz von 1 bis 2 Sitzung pro Woche im Sitzen, mit einer Stundenzahl bis zu 25
Sitzungen (Kurzzeittherapie) oder von 50-80 Stunden (Langzeittherapie)
durchgeführt werden, geht es um die strukturierte und fokussierte Bearbeitung von
aktuellen Konflikten und Lebensbelastungen und ihrer Symptombildung sowie um die
gezielte Bearbeitung von strukturellen Aspekten, die mit der Symptomatik in
Zusammenhang stehen. Die Bearbeitung dieser Komponenten geschieht unter
Berücksichtigung dauerhaft verinnerlichter Beziehungsmuster und unbewusster
Konfliktkonstellationen sowie unter Berücksichtung von Aspekten der Übertragung
und Gegenübertragung. Die Beziehungsangebote des Therapeuten sind eher aktiv-
anleitend und unterstützend. Der Therapeut verwendet eher aktive
Interventionstechniken, wie z.B. Konfrontation, Klarifikation oder auch supportive
Interventionen; Deutungen beziehen sich hier in stärkerem Maße auf so genannte
Außenübertragungen. Regressive Prozesse werden nicht gefördert, sondern eher
begrenzt. Tiefenpsychologisch fundierte Einzeltherapien verwenden eine Vielzahl
unterschiedlicher Techniken sowie multimodale Zugänge zu psychodynamischen
Prozessen, inklusive anderer als verbaler Kommunikationsformen, z. B.
Imaginationstechniken, Ressourcenmobilisierungen etc.
Es geht vorrangig um die Bearbeitung aktueller (unbewusster) Konflikte und
Manifestationen von Entwicklungsstörungen, die in der aktuellen Lebenssituation,
dem alltäglichen sozialen Umfeld und den aktuellen zwischenmenschlichen
(interpersonalen) Beziehungen des Patienten auftreten. Die Behandlungsziele sind
meist auf die Wiederherstellung und Stabilisierung eines psychischen Gleichgewichts
und der damit verbundenen besseren Lebensbewältigung und Symptomreduzierung
Die tiefenpsychologisch fundierte niederfrequente und Halt gebende Psychotherapie,
mit Sitzungen in oftmals mehrwöchigen Abständen, ist vornehmlich supportiv auf die
Aufrechterhaltung der Lebensbewältigung ausgerichtet.
Psychoanalytische Fokaltherapie
Dabei handelt es sich um eine analytische Kurztherapie, die bis zu 30 Sitzungen
umfasst. Der Fokus kristallisiert sich möglichst in den ersten Sitzungen aus der
Zusammenarbeit von Therapeut und Patient heraus. Die Erarbeitung des Fokus
erfolgt auf der Grundlage verschiedenster Informationen (szenisches Verstehen,
Beschwerden, auslösendes Ereignis, Lebensgeschichte,
Lebenssituation,
Übertragung und Gegenübertragung). Es wurden verschiedene fokaltherapeutische
Ansätze beschrieben. Für die meisten Autoren sollte der jeweilige Fokus eine
Hypothese über die den Problemen zugrunde liegende zentrale unbewusste
Dynamik enthalten. Er stellt damit eine Verbindung zwischen einem aktuellen
Hauptproblem und einer Aussage über dessen unbewusste Hintergründe her.
Malan beschrieb mit dem „Dreieck der Einsicht" und dem „Dreieck der Abwehr"
zentrale Elemente eines Fokus. Das Dreieck der Einsicht versteht das Konfliktmuster
in den drei Ebenen Übertragung, aktuelle äußere Realität und Kindheit; das Dreieck
der Abwehr in den Aspekten Abwehr, Angst und abgewehrte Tendenzen. Die
Fokusformulierung ermöglicht im Verlauf der Therapie eine schrittweise vorgehende
deutende Verknüpfung dieser sechs Eckpunkte, idealerweise in Form einer
bestimmten regelhaften Abfolge. Mittlerweile haben sich verschiedene Kurz- bzw.
Fokaltherapien entwickelt, deren größter Unterschied darin liegt, wie der Fokus
strukturiert wird und wie stark auf unbewusste Komponenten und die Übertragungs-
Gegenübertragungsbeziehung fokussiert wird.
Psychoanalytisch begründete Gruppentherapie
Psychoanalytisch begründete Gruppentherapien werden im ambulanten Setting, aber
vor allem auch im stationären Behandlungssetting eingesetzt. Es gibt verschiedene
Ansätze: 1) die psychoanalytisch-interaktionelle Gruppentherapie, die sich nur mit
den manifesten Interaktionen der Gruppenteilnehmer befasst; 2.) die
tiefenpsychologisch fundierte Gruppentherapie, deren Ziel es ist, die Fähigkeit zu
stärken, Beziehungen trotz Beziehungskonflikten zu sichern; und 3.) die analytische
Gruppentherapie, die sich mit der gesamten Psychodynamik beschäftigt, unter
Einbeziehung in der Gruppe auftauchender unbewusster infantiler Phantasien in
einem Prozess wechselnder Regressionstiefe.
Weitere Anwendungen der psychoanalytisch begründeten Psychotherapie sind Paar-
und Familientherapien.
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Praxis. 3. Auflage. Berlin: Springer.
3 Diagnostik und Indikationsstellung
Die Diagnostik, die jeder Art von Therapie vorausgeht und die Behandlungsindikation
begründet, erfolgt im Bereich der psychoanalytisch begründeten Therapien in der
Regel als teilstrukturiertes Interview. Dieses ist insoweit strukturiert, als es
anamnestische Befunde zu Art und Schwere der Beschwerden, Symptomverläufen,
Erklärungsmodellen der Patienten, aktuellen Belastungen und prägenden
biographischen Erfahrungen erfasst. Es ist – angelehnt an das Vorbild des
psychoanalytischen Erstinterviews - wenig strukturiert, insofern als es genügend
Raum lässt für die Selbstdarstellungen und Inszenierungen des Patienten. Gerade
die offenen oder häufig auch latenten Inszenierungen des Patienten ermöglichen
einen Zugang zu seiner unbewussten Konfliktdynamik und damit auch eine
Einschätzung der Art der Beziehungsgestaltung des Patienten in der therapeutischen
Aus dem sich so entwickelnden Material einschließlich der szenischen
Interaktionsprozesse in der diagnostischen Situation werden vom Therapeuten
Hypothesen über die oben beschriebenen zentralen Störungsdimensionen abgleitet,
die im Gesprächsverlauf und in nachfolgenden probatorischen Sitzungen weiter
überprüft werden. Ergebnis dieses Prozesses sind klinische Einschätzungen
• der Symptomatik, ihrer Schwere und ggf. Chronifizierung,
• der psychischen und ggf. somatischen Komorbidität,
psychischer Entwicklungsbedingungen,
• dominierender unbewusster Konflikte und ihrer Lösungsversuche,
• struktureller
Beeinträchtigungen
und individueller Ressourcen,
• Selbst- und Objektrepräsentanzen,
• dominierender
Beziehungsmuster etc.
Es liegt eine Vielzahl von Zugangsweisen der psychoanalytisch begründeten
diagnostischen Prozesse inklusive klinischer Urteilsbildung vor. Insgesamt sind
zeitgenössische Verfahren der psychoanalytisch begründeten Interviewdiagnostik
ergänzt durch Patientenselbsteinschätzungen geeignet, um:
1. ein diagnostisch klassifizierbares klinisches Bild nach Qualität, Schwere und
Verlaufscharakteristik der psychischen Störung herauszuarbeiten,
2. psychodynamische Akzente bezüglich unbewusster Konflikte, strukturellen
Funktionsniveaus und dysfunktionaler Beziehungsgestaltung abzubilden sowie
3. eine prognostische Einschätzung und eine Differentialindikation bezogen auf
mögliche therapeutische Ansätze und ihre unterschiedlichen Zielsetzungen
Entsprechend der Logik des psychoanalytischen Ansatzes erfolgt die
Indikationsentscheidung nicht primär symptombezogen, sondern ausgerichtet auf die
Art und Schwere der Persönlichkeitspathologie sowie der Komplexität der Störung.
Die Indikationsstellung ist letztlich ein interaktiver Prozess, der auch durch die
persönliche Zielsetzung, die soziale Situation und die Ressourcen des Patienten mit
beeinflusst wird. In die Indikationsstellung fließt auch die im Erstinterview zu Tage
getretene Dynamik der Patient-Therapeuten-Beziehung mit ein.
Anhaltspunkte für die Indikationsstellung ergeben sich nach der obigen Darstellung
aus dem individuellen Mischungsverhältnis von konfliktbezogenen und
strukturbezogenen Störungsaspekten sowie aus dem Ausmaß der Verankerung
dieser Aspekte in der Gesamtstruktur der Persönlichkeit. Insbesondere die Frage, ob
für eine nachhaltige Besserung die Bearbeitung der in der Persönlichkeit verankerten
Strukturen und Prozesse notwendig ist, stellt ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl
der Behandlungsstrategie dar.
Nach der Indikationsstellung erfolgt im Kontext der Behandlungsplanung die
Aufklärung des Patienten zu den eventuellen Risiken/Nebenwirkungen und den
abschätzbaren Erfolgsaussichten der geplanten Therapie.
Indikationsmatrix
Konfliktbezogene
Konfliktbezogene
tiefenpsychologische
Strukturdynamische
Strukturaufbauende
Notwendigkeit der Bearbeitung tief verankerter Strukturen
Die Grafik der Indikationsmatrix versucht dieses Zusammenwirken vereinfacht
darzustellen, wobei die Übergänge als fließend betrachtet werden müssen und es
sich hier um grobe, prototypische Einordnungen handelt.
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4 Therapie-Forschung in der Psychoanalyse
Eine Übersicht über Forschung zur psychoanalytischen Therapie lässt sich am
besten durch eine Einteilung in sechs Stadien der Forschung aufbereiten:
Das Stadium der klinischen Fallstudien (Stadium 0) lässt sich einerseits durch eine
Fülle von klinischen Berichten charakterisieren, denen jedoch vorwiegend nur ein
illustrativer, theoretische und technische Positionen markierender Erkenntniswert
zukommt; andererseits liegen beachtliche, ausführliche Falldarstellungen vor, die den
Erkenntniswert umfassender Darstellungen des klinischen Geschehen gut illustrieren
(Kächele 1981).
Das Stadium der deskriptiven Studien (Stadium I) deckt in einem bedeutsamen
Umfang zentrale Konzepte der psychoanalytischen Behandlungstheorie ab:
Arbeitsbeziehung, Übertragung, Gegenübertragung, Widerstand sowie
Abwehrmechanismen und umfasst auch die Ausarbeitung beschreibender
Prozessmodelle (Dahl et al. 1988; Miller et al. 1993; Lambert 2004). Zu diesem
Forschungsstadium sind auch versorgungsepidemiologische Studien zu rechnen
(Schepank 1987).
Das Stadium der experimentellen Analogstudien (Stadium II) ist in der
psychoanalytischen Therapieforschung relativ wenig ausgearbeitet. Das hängt mit
der Schwierigkeit zusammen, experimentelle Paradigmen zu entwickeln, die dem
theoretischen Gehalt der zu untersuchenden Konzepte gerecht werden könnten
(Dreher 1998). Exemplarisch sind Studien zur freien Assoziation zu nennen, die
einen gewissen Systematisierungsgrad erreicht haben (Kächele et al. 1991).
Das Stadium der klinisch kontrollierten Studien (Stadium III) deckt inzwischen die
ganze Breite der klinisch relevanten Störungen ab, wie in einer Metaanalyse zu
kürzeren analytischen Therapien aufgezeigt werden konnte (Leichsenring et al.
2004). Eine neuere Übersichtsarbeit zeigt zudem auf, dass auch die überlegene
Wirksamkeit (efficacy) länger dauernder analytischer Therapie (im Vergleich zu
kürzeren Therapien) in kontrollierten, wie auch nicht durchgängig randomisierten
Studien, empirisch als belegt gelten kann (Leichsenring & Rabung 2008).
Das Stadium der naturalistischen Studien (Stadium IV) war seit den dreißiger Jahren
des vorigen Jahrhunderts eine Domäne der psychoanalytischen Therapieforschung.
Hier liegen relativ umfangreiche Datensätze aus vorwiegend europäischen Ländern
vor, die die Wirksamkeit (effectiveness) psychoanalytischer Therapie in
Anwendungsbeobachtungen belegen (Leuzinger-Bohleber et al. 2003; Sandell et al.
Das Stadium der patienten-orientierten Forschung (Stadium V) befindet sich derzeit
in der Entwicklung. Die Verfügbarkeit umfangreicher Datensätze ermöglicht neue,
wenn auch kontrovers diskutierte Wege mittels hierarchisch-linearer Statistik, sich
auf Entwicklungsprozesse einzelner Patienten zu konzentrieren und die Brücke zur
klinischen Einzelfallbeobachtung zu schlagen (Howard et al. 1999; Kordy et al.
Psychoanalytische Therapieforschung ist darüber hinaus in vielfältiger Weise in
grundlagenwissenschaftlichen Forschungsansätzen verankert, von denen
insbesondere der Diskursforschung (Flader et al. 1982), der Traumforschung
(Leuschner et al. 1998) und der Emotionsforschung (Krause & Mertens 1996) eine
besondere fundierende Bedeutung zukommt.
Literatur:
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5 Qualitätssicherung
Grundelemente der Qualitätssicherung sind gesetzlich geregelt, und zwar in § 70
SGB V (Verpflichtung der Kassen und Leistungserbringer dazu, die Kriterien der
Qualität, Humanität und Wirtschaftlichkeit in der vertragsärztlichen Versorgung
gemeinsam zu gewährleisten), § 95 d SGB V (Verpflichtung der Vertragsbehandler
zur fachlichen Fortbildung entsprechend dem jeweils aktuellen Stand der
Wissenschaft) und §§ 135 a, 136 a SGB V (Verpflichtung der Vertragsbehandler zur
Qualitätssicherung). Die für die psychoanalytisch begründeten Verfahren Anwendung
findenden Maßnahmen einer QS sind jedoch wesentlich umfangreicher. Sie sind auf
verschiedenen Ebenen angesiedelt, und zwar:
- der Ebene der Ausbildung nach dem PsychThG (Psychologische
Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten) bzw.
der Weiterbildung (Ärzte), indem zum Abschluss der Aus- oder Weiterbildung
formale und inhaltliche Qualifikationen nachgewiesen werden müssen;
- der Ebene der Fortbildung im Postgraduierten-Stadium, wie sie von den
Berufskammern zertifiziert wird;
- der Ebene der Berufsausübung mit der Durchführung eines Antrags- bzw.
Gutachterverfahrens für jede psychotherapeutische Behandlung. In § 92 Abs.
6a Satz 1 SGB V i. V. m. §§ 24 – 27 PT-RL wird die Regelung des
Gutachterverfahrens vorgeschrieben. Die Gutachtertätigkeit dient der Prüfung
der Notwendigkeit, der Zweckmäßigkeit und der Wirtschaftlichkeit jeder
genehmigungspflichtigen Psychotherapie; diese Kriterien müssen in den
Berichten dargestellt werden. 2008 wurden von insgesamt 169319 Gutachten
6265 Anträge abgelehnt bzw. 17444 Anträge geändert, die Ablehnungs- und
Änderungsquote betrug also14 %;
- der Ebene der Einhaltung eines Qualitätsmanagements (QM) in der
Praxisführung anhand der unterschiedlichen QM-Programme (QEP in
Kooperation mit der KBV, KPQM etc.) sowie von anderen Konzepten auf der
Basis der GBA-Richtlinie zum QM;
- der Ebene einer systematisierten individuellen Selbstreflexion in Supervisions-
und Intervisionsgruppen sowie in Qualitätszirkeln, oft auch in regelmäßigen
und/oder fall- und problembezogenen Einzelsupervisionen;
der Ebene der psychotherapeutischen und psychoanalytischen
Fachgesellschaften, die regelmäßig wissenschaftliche Tagungen veranstalten
und Forschungsprojekte unter Beteiligung ihrer Mitglieder in Zusammenarbeit
mit Hochschulen oder wissenschaftlichen Instituten durchführen oder sich an
ihnen beteiligen. Diese Studien prüfen die Wirksamkeit der
Behandlungsansätze und verbessern die theoretischen wie
behandlungstechnischen Kompetenzen der Mitglieder und regen
Diskussionen in den Fachgesellschaften an.
Maßnahmen zur gegenstandsadäquaten Umsetzung der Verpflichtung zur
Qualitätssicherung in der Psychotherapie ( PT-RL § 28, Abs. 2 ), insbesondere
zur Darstellung der Prozess– und Ergebnisqualität, werden in den
Fachgesellschaften seit einiger Zeit erarbeitet und auch in Arbeitsgruppen
erprobt (z.B. unter Zuhilfenahme der OPD/Operationalisierte Psychodynamische
B Beantwortung der Fragen des Gemeinsamen
Bundesausschusses für die Prüfung der Richtlinien-
verfahren gemäß §§ 13-15 der Psychotherapie-Richtlinie:
Psychoanalytisch begründete Verfahren
Frage 1: Welche Techniken und Methoden sehen Sie als Bestandteil
des in der Richtlinie definierten Verfahrens?
Psychoanalytisch begründete Psychotherapien „stellen Formen einer ätiologisch
orientierten Psychotherapie dar, welche die unbewusste Psychodynamik
neurotischer Störungen mit psychischer oder somatischer Symptomatik zum
Gegenstand der Behandlung machen." (§14 Abs. 1 der Psychotherapie-Richtlinie)
Zur therapeutischen Bearbeitung der die jeweiligen Störungen bedingenden und
aufrechterhaltenden psychischen Prozesse und Strukturen verfügen
psychoanalytisch begründete Psychotherapien über ein breites Spektrum von
Techniken und Methoden.
Diese Techniken und Methoden finden innerhalb eines definierten therapeutischen
Rahmens Anwendung, der durch drei Elemente wesentlich konstituiert wird:
einen physikalischen Raum (Ort), in dem die Therapie durchgeführt wird;
ein Setting, das unter Berücksichtigung der beiderseitigen Möglichkeiten von
Patient und Therapeut vereinbart wird und Aspekte des Verfahrens, der Form und
ggf. der Methode der Therapie, der Sitzungsfrequenz, der konkreten Zeiten der
Sitzungen, der voraussichtlichen Dauer sowie Absprachen über Liegen oder
Sitzen, beinhaltet;
die therapeutische Haltung des psychoanalytisch begründet arbeitenden
Therapeuten: Eine freundliche und fördernde Grundhaltung, Abstinenz,
Anonymität, Neutralität, Überprüfung der Äußerungen des Patientin auf ihre
unbewusste Bedeutung hin auch dann, wenn der Therapeut persönlich
angesprochen wird.
Die konstante und stabile Bereitstellung dieser therapeutischen Rahmen-
bedingungen vermittelt dem Patienten ein Gefühl der Verlässlichkeit und Kontinuität
als Voraussetzung dafür, sich auf den Behandlungsprozess einzulassen.
1.1 Techniken
Die wichtigsten technischen Elemente psychoanalytisch begründeter
Psychotherapien sind die Herstellung einer hilfreichen therapeutischen Beziehung,
die Vermittlung einer Einsicht in die unbewussten Hintergründe von Symptomatik,
Erleben und Handeln eines Patienten sowie die Entwicklungsförderung für
unzureichend aufgebaute strukturelle Funktionen (siehe oben Kap. A 1.5 dieser
Neben den auch in anderen Psychotherapieverfahren bedeutsamen Aspekten wie
Arbeitsbündnis und Realbeziehung, stellt die systematische Nutzung der zunächst
unbewussten Übertragungs- und Gegenübertragungsaspekte der therapeutischen
Beziehung ein Spezifikum psychoanalytisch begründeter Psychotherapie dar. Diese
Nutzung variiert auf einer Skala zwischen einfacher Beachtung von Übertragungs-
und Gegenübertragungsaspekten, anhaltender Arbeit in der Übertragung und deren
expliziter Bearbeitung durch aufdeckende Techniken.
Die aufdeckenden, Einsicht in unbewusste Hintergründe vermittelnden Techniken
werden unter dem Begriff der Deutungsarbeit zusammengefasst. Die technische
Grundregel der freien Assoziation für den Patienten (spontane Einfälle in der
Behandlung so offen wie möglich mitteilen) sowie auf Seiten des Therapeuten die
technische Grundhaltung der gleichschwebenden Aufmerksamkeit (Mitteilungen des
Patienten möglichst ohne eine Vorauswahl aufnehmen) zusammen unterstützen den
Einsicht fördernden Prozess. Zur Deutungsarbeit zählen Verstehens- und
Interventionstechniken wie szenisches Verstehen, deutendes (Nach-)Fragen,
Klarifikation, Konfrontation, Deutung, Rekonstruktion und Konstruktion. Klarifikation
ist ein Vorgehen, bei dem ein Problem oder Konflikt durch Fragen und Erarbeitung
mit dem Patienten möglichst genau erfasst und abgegrenzt wird. Die Konfrontation
stellt dem Patienten Widersprüche in seinen Mitteilungen, Widersprüche zwischen
seinen verbalen Aussagen und etwa seinem gestischen, szenischen oder affektiven
Ausdruck sowie Widersprüche zwischen seinen Vorstellungen und Wünschen
einerseits und Aspekten der Realität andererseits vor Augen. Die Deutung benennt
dem Patienten einen Aspekt seines unbewussten Seelenlebens; sie kann auf
unbewusste Wünsche oder Affekte, auf einen Widerstand, auf die Übertragung oder
auf einen anderen unbewussten Aspekt zielen und stellt eine Verbindung zwischen
diesen unbewussten Aspekten und aktuellen Erlebens- und Verhaltensweisen her.
Die Konstruktion ist die Zusammenfassung von mehreren Erkenntnissen, die in
einem Behandlungsabschnitt gewonnen worden sind, zu einem Verständnis
herstellenden größeren Zusammenhang. Deutungsarbeit kann auf aktuelle
Außenbeziehungen und -konflikte, vergangene Lebens- und Erlebenskonstellationen,
auf die therapeutische Beziehung sowie auf Abwehr und Widerstand angewendet
In der Behandlung von strukturell gestörten Patienten haben sich weitere
Interventionstechniken entwickelt, die oben (Kap. A 1.5 dieser Stellungnahme) in
strukturstabilisierend und strukturdynamisch unterschieden wurden. Beim
strukturstabilisierenden Vorgehen überwiegen supportive Techniken, bei denen sich
der Therapeut aktiv als „Hilfs-Ich" zur Verfügung stellt und eher direktiv,
abwehrstärkend und bewältigungsorientiert interveniert. Bei den strukturdynamischen
Vorgehensweisen steht das Verstehen der mit den strukturellen Aspekten
verbundenen innerseelischen Dynamik stärker im Vordergrund, in dem Sinne, dass
hier dem Handeln und Erleben des Patienten eine innerpsychische
Regulierungsfunktion zugesprochen wird, die es gemeinsam mit dem Patienten zu
verstehen gilt. Dies kann durch Fokussierung auf Manifestationen innerhalb der
therapeutischen Beziehung oder auch innerhalb von Außenbeziehungen geschehen.
Die Techniken fokussieren auf das Wahrnehmen und Verstehen von Affekten und
Handlungen und ihrer innerpsychischen Hintergründe inklusive der interpersonellen
Auslösung, so dass die Entstehung von integrierten Selbst- und
Objektrepräsentanzen sowie stabilen Verknüpfungen von Handlungen mit
innerpsychischen Bedeutungen gefördert werden.
Elemente des Settings wie die Frequenz, die verabredete voraussichtliche Dauer
sowie die Frage, ob der Patient sitzt oder liegt haben ebenfalls eine technische
Bedeutung: Bei relativ rigider innerer Konflikt-Abwehr-Dynamik sowie bei
ausreichender Verfügbarkeit über strukturelle Funktionen unterstützen eine höhere
Frequenz (drei Sitzungen pro Woche, in besonders begründeten Fällen phasenweise
auch vier Sitzungen) und das liegende Setting sowie eine zurückhaltende Technik
die Förderung und Intensivierung regressiver Prozesse innerhalb der
therapeutischen Beziehung. Bei stark ausgeprägter struktureller Vulnerabilität,
insbesondere wenn verbunden mit der Neigung zu maligner Regression, erleichtern
sitzendes Setting, i. d. R. niedrigere Stundenfrequenz und die aktivere Technik eine
stabilisierende Handhabung regressiver Prozesse.
Meist ist es erforderlich, ein strukturell bedingtes Problem oder einen Konflikt
mehrfach aufzugreifen und auch zu bearbeiten. Dieser Vorgang der mehrfachen
Bearbeitung, die bei jedem Durchgang neue Aspekte hervorbringt, wird als
Durcharbeiten bezeichnet, und ist ein wichtiges technisches Mittel zur Integration und
dauerhaften psychischen Verankerung der erzielten Fortschritte.
1.2 Methoden
Die Psychotherapierichtlinien benennen analytische Psychotherapie und
tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie als psychoanalytisch begründete
Verfahren, sowie weitere Sonderformen, wie Kurztherapie, Fokaltherapie,
dynamische Psychotherapie, niederfrequente Therapie in einer längerfristigen, Halt
gewährenden therapeutischen Beziehung (siehe Kap. A 2 dieser Stellungnahme).
In den letzten Jahren wurden die psychoanalytisch begründeten
Behandlungsstrategien weiterentwickelt und zum Teil in manualisierter Form, mehr
oder weniger störungsspezifisch, beschrieben. Nur als Beispiele seien hier genannt:
Interaktionelle-psychoanalytische
Therapie (Heigl-Evers & Ott 1998)
Niederfrequente psychoanalytische Psychotherapie (Dreyer & Schmidt 2008)
Strukturbezogene Psychotherapie (Rudolf 2004)
Übertragungsfokussierte Psychotherapie (Clarkin et al. 2001) für strukturelle
Übertragungsfokussierte Psychotherapie (Caligor et al. 2009) für Patienten mit
neurotischer Persönlichkeitsstruktur
Mentalisierungsbasierte Therapie (Bateman & Fonagy 2004)
Psychodynamische Traumatherapie (Fischer & Riedesser 1999)
Panik-Fokussierte Psychodynamische Psychotherapie (Milrod et al. 1997)
Psychodynamische Behandlung der Depression (Busch et al. 2004)
Psychodynamische Therapie von Angststörungen (Hoffmann 2008)
Literatur:
Bateman A & Fonagy P (2004) Psychotherapy for borderline personality disorder –
mentalization-based treatment. Oxford: Other Press.
Busch F, Rudden M & Shpairo T (2004) Psychodynamic Treatment of Depression.
Arlington: American Psychiatric Pub Inc.
Caligor E, Kernberg O F & Clarkin J (2009) Übertragungsfokussierte Psychotheapie
bei neurotischer Persönlichkeitsstruktur. Stuttgart: Schattauer.
Clarkin J F, Yeomans F E, Kernberg O F (2001) Psychotherapie der Borderline-
Persönlichkeit. Stuttgart: Schattauer.
Dreyer K-A, Schmidt M G (Hrsg.) (2008) Niederfrequente psychoanalytische
Psychotherapie. Theorie, Technik, Therapie. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart
Fischer G & Riedesser P (1999) Lehrbuch der Psychotraumatologie. 2. Auflage.
München: Reinhardt UTB.
Heigl-Evers A & Ott J (1998) Die psychoanalytisch-interaktionelle Methode. Theorie
und Praxis. 3. Auflage. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Hoffmann S O (2008) Psychodynamische Therapie von Angststörungen. Einführung
und Manual für die kurz- und mittelfristige Therapie. Stuttgart: Schattauer.
Milrod B, Busch F, Cooper A, Shapiro T (1997) Manual of Panic-Focused
Psychodynamic Psychotherapy. American Psychiatric Press.
Frage 2: Wie grenzen Sie die analytische Psychotherapie von der
tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie ab?
Die Unterschiede von analytischer und tiefenpsychologisch fundierter
Psychotherapie betreffen Fragen der Fokussierung und Begrenzung in der
therapeutischen Zielsetzung und Intensität der Durcharbeitung. Diese Art der
Prozesssteuerung geschieht durch die Modifikation der eingesetzten therapeutischen
Techniken, wodurch ein Mehr oder Weniger von regressiven Entwicklungen, ein
Mehr oder Weniger an Bearbeitung der Übertragungsbeziehung und Arbeit in der
Übertragung, ein Mehr oder Weniger an konkreter Unterstützung und
Ressourcenförderung etc. bewirkt wird. Letztlich bewegen sich diese Variationen
aber auf Kontinua innerhalb der psychoanalytisch begründeten Behandlungs-
Analytische Psychotherapie bezeichnet jene Behandlungsstrategie, die neben der
Bearbeitung aktueller Konfliktthemen und der Zentrierung auf aktuelle Symptome die
nachhaltige Modifizierung der darunter liegenden neurotischen Objekt- und
Selbstrepräsentanzen und strukturellen Vulnerabilitäten zum Ziel hat, weil diese eine
ständig wirksame Disposition für psychische Erkrankungen darstellen. Als ein
Charakteristikum analytischer Psychotherapie kann die Arbeit in und mit der
Übertragungsbeziehung, d. h. der Übertragung auf den Therapeuten als sog.
Binnenübertragung, und die tendenziell stärkere Beachtung und adaptive
Handhabung regressiver Prozesse gesehen werden.
Bei den tiefenpsychologisch fundierten Behandlungsstrategien geht es vorrangig um
die Bearbeitung aktueller (unbewusster) Konflikte und Manifestationen von
Entwicklungsstörungen, die in der aktuellen Lebenssituation, dem alltäglichen
sozialen Umfeld und den aktuellen zwischenmenschlichen (interpersonalen)
Beziehungen des Patienten auftreten. Die Behandlungsziele sind meist auf die
Wiederherstellung und Stabilisierung eines psychischen Gleichgewichts und der
damit verbundenen besseren Lebensbewältigung und Symptomreduzierung
begrenzt. Die Beziehungsangebote des Therapeuten und die eingesetzten
Techniken sind tendenziell eher aktiv-anleitend und unterstützend. Soweit
aktualisierte Beziehungsrepräsentanzen im Material des Patienten erscheinen,
werden sie eher in der Außenübertragung, das heißt in aktuellen sozialen
Beziehungen, bearbeitet. Die Behandlungstechnik zielt auf die Durcharbeitung der in
den aktuellen interpersonellen Konstellationen sich manifestierenden unbewußten
intrapsychischen Konflikte und deren Zusammenhang mit Symptomen. Die
Therapeuten nutzen dabei auch supportive und psychoedukative Techniken und
wechseln zwischen Strukturieren und dem Gewähren von Freiraum; des weiteren
verwenden tiefenpsychologisch fundiert arbeitende Therapeuten auch multimodale
Zugänge zu psychodynamischen Prozessen inklusive anderer als verbaler
Kommunikationsformen, z. B. Imaginationstechniken, Ressourcenmobilisierungen
Analytische Psychotherapie ist indiziert bei einer starken, lebensgeschichtlich
entstandenen Verankerung der störungsrelevanten Dispositionen in der
Gesamtpersönlichkeit. Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie ist indiziert bei
Determinierung der Symptomatik durch umgrenzte aktualisierte (unbewusste)
Konflikte bei ansonsten hinreichend flexibler Persönlichkeitsstruktur und/oder durch
umgrenzte strukturelle Beeinträchtigungen aufgrund krisenhafter Belastungen. Im
Einzelfall sind praktisch immer lebensgeschichtlich verankerte neurotische und/oder
strukturelle Dispositionen einerseits sowie aktuelle auslösende Konflikte andererseits
an der Krankheitsentstehung beteiligt. Entsprechend dem jeweiligen individuellen
Mischungsverhältnis werden die oben dargelegten behandlungsstategischen und –
technischen Möglichkeiten ausgewählt. Dabei bestehen in einem breiten
Übergangsbereich Kontinua. Adaptiert an den Einzelfall ist jeweils zu prüfen, ob ihm
in diesem Kontinuum am ehesten eine analytische oder tiefenpsychologisch fundierte
Behandlung gerecht wird.
Literatur:
Siehe Lit. zu Teil A, Kap. 2
Ergänzung:
Ermann M (2004) Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie in der Praxis Forum
der Psychoanalyse 20, 300-312
Janssen P L (2002) Anwendung der Psychoanalyse in der Psychotherapie
Psychotherapeut 47, 175-185
Reimer C, Rüger U (2006) Psychodynamische Psychotherapie. Springer Medizin
Verlag. Heidelberg 3. Auflage.
Wöller W, Kruse J (2005) Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, 2. Auflage
Schattauer, Stuttgart
Frage 3: Benennen Sie ggf. Studien zum Nutzennachweis des
Verfahrens in den Anwendungsbereichen der Psychotherapie-
Richtlinie gemäß § 22.
Im Folgenden werden Studien benannt, die einen Nutzennachweis von
psychoanalytisch begründeter Psychotherapie in den Anwendungsbereichen der
Psychotherapie-Richtlinie gemäß § 22 erbringen.
Die Studienauflistung ist einerseits nach Anwendungsbereichen (depressive
Störungen, Angststörungen etc.) gegliedert; für jeden Anwendungsbereich werden
die Studien zudem getrennt nach Metaanalysen (M), randomisiert kontrollierten
Studien (RCTs), naturalistische kontrollierte Studien mit Parallelisierung (NKP)2
sowie naturalistische Studien ohne Kontrollgruppe (NoKG)3 aufgeführt.
Behandlungen: PbPT = psychoanalytisch begründete Psychotherapie; KVT =
kognitive Verhaltenstherapie; SPT = Supportive Psychotherapie; Med =
Medikamentöse Behandlung; TAU = treatment as usual; WG = Wartegruppe; KG =
Bei Vergleichen zwischen verschiedenen Behandlungsstrategien psychoanalytisch
begründeter Psychotherapie werden oft psychoanalytisch begründete Langzeit-
Psychotherapie (LPbPT) und kürze psychoanalytisch begründete Psychotherapie
(KPbPT) gegenübergestellt.
Ergebnisse: A>B = A ist B überlegen; A<B = A ist B unterlegen. ES = Effektstärke.
2 Gemäß Methodenpapier des WBP können sowohl RCTs als auch parallelisierte kontrollierte Studien als Wirkungsnachweis gelten. 3 „Sofern bei einer Studie keine Kontrollgruppen vorliegen (gegebenenfalls bei methodisch adäquaten Studien mit hoher externer Validität), können ihre Ergebnisse als Wirksamkeitsnachweis gelten, wenn der Therapieeffekt sowohl durch eine signifikante Prä-Post-Veränderung als auch die klinische Bedeutsamkeit der erreichten Veränderung nachgewiesen ist" (Methodenpapier WBP 2007)
Affektive Störungen
Zeit u. Ergenisse
Leichsenring, F (2001)
>13 h für beide
N in implementierten
Publikationen > 20
Cuijpers P, van Straten A, Andersson G,
(10 keine Angaben
KG3>( PbPT, KVT,
KG1 =behavioral acitvation
van Oppen P (2008).
für KG2 u. KG3 zu
KG2 =problem solving
alle anderen stabil,
KG3 vs andere ES
keine Unterschiede
KG3 =interpersonal treatment
KG4 =social skills training
KG5 vs andere ES -
KG5 =nondirective therapy
.13 d.h. minimale Unterschiede
Driessen, E, Cuipers, P, deMaat,
S.C.M., Abbass, A., deJonghe, F,
Dekker, J.J.M. (2009)
Thompson, L. W., Gallagher, D., &
Breckenridge, J. S. (1987)
Shapiro, D. A., Rees, A., Barkham, M.,
& Hardy,. G. E. (1995)
jeweils 8 und 16
8h-PbPT < (16h-
PbPT; 8h-KVT; 16-KVT)
Gallagher-Thompson, D. E., & Steffen,
Barkham, M., Rees, A., Shapiro, D. A.,
Stiles, W. B., Agnew, R. M., Halstead,
8 or 16 sessions
J., Culverwell, Al, & Harrington, V.,
Maina G, Forner, F, Bogetto F. (2005)
(PbPT, SPT)>WG
PbPT>(SPT, WG)
Hersen, M. , Bellack, A.S. ,
Himmelhoch, J.M. , & Thase, M.E. (
alle wirksam, keine
KG2= KVT + Pharmako
signif. Unterschiede
Salminen JK, Karlsson H, Hietala J,
Kajander J, Aalto S, Markkula J, Rasi-
Hakala H, Toikka T (2008)
Knekt P, Lindfors O, Harkanen T, et al.
3 Jahre nach Beginn:
KG= systemische PT
KPbPT bleibt stabil. KPbPT = KG
Jakobsen, T, Rudolf, G. Brockmann, J. ,
(76) LPbPT (Ø 266
Eckert, J., Huber, D., G. Klug, Grande,
Zusammenschluß der Daten
T, Keller, W, Staats, H., Leichsenring,
aus 4 Einzelstudien.
Hier nur Pat. mit Depression
Jakobsen, T, Rudolf, G, Oberbracht, C,
(17) KPbPT (25-100
LPbPT=KPbPT LPbPT=KPbPT Hier nur Pat. mit Depression
Langer, M, Keller, W, Dilg, R, Stehle,
(1 Jahres Katamnese)
S, Leichsenring, F , Grande, T (2008).
LPbPT (>120 h; Ø 311,3h)
Rudolf, G., Manz, R., & Öri, C (1994)
Diagnosespezifische
LPbPT hohe ES in
Bei Depressionswerten kein
Vergleich zu KPbPT, also
hier nur NoKG in Bezug auf
*Gruppen unterscheiden sich zu Beginn zwar nicht in Störungen, aber in soziodemographischen Variablen
Manz, R., Henningsen, C., Rudolf, G.
Differenziertere
LPbPT>KPbPT/KG
von 14; Diagnosespezifische Skalenwerte
Leichsenring, F., Kreische, R, Biskup,
1 Jahr: stabil bzw.
Hier nur F3 affektive
J., Staats, H., Rudolf, G, Jakobsen, T.
Störungen (N=26), hohe
Burnand, Y., Andreoli, A., Kolatte, E.,
PbPT+Clomipramin
Venturini, A., & Rosset, N. (2002)
Med: Clomipramin allein
de Jonghe, F., Kool, S., van Aalst, G.,
PbPT+pharmakoth.
Dekker, J., & Peen, J. (2001)
Med: Pharmakotherapie
Huber D., Gastner J., Henrich G. &
Manuskript in preparation
liegt vor, kann vertraulich zur
Verfügung gestellt werden
sehr hohe ES für
sehr hohe ES für
Crits-Christoph P., Connolly Gibbons,
MB, Narducci J, Schamberger, M,
Gallop, R (2005)
Zitrin CM, Klein DF, Woerner MG,
Klein, DF, Zitrin, CM, Woerner, MC,
Rosss, DC (1983)
KG= systematic hierarchical
Knijnik DZ, Kapczinski F ,
Chachamovich E , E., Margis R , Eizirik
Psychodyn. Gruppentherapie
KG = Selbsthilfegruppe
Leichsenring, F, Salzer, S, Jager, U.,
Kächele, U, Kreische, R. Leweke, F,
Rüger, U, Winkelbach, C, Leibing, E
(hinsichtlich traits
(hinsichtlich traits
Milrod, B., Leon, A.C., Busch, F.,
2, 4, 6 und 12 Monate
Rudden, M., Schwalberg, M., Clarkin,
KG = applied relaxation (VT)
J., Aronson, A., Singer, M., Turchin,
Behandlungsende;
W., Klass, E.T., Graf, E., Teres, J.J.,
Shear, M.K. (2007)
Endkatamnese HAM-A/D) ansonsten PbPT besser.
Knekt P, Lindfors O, Harkanen T, et al.
3 Jahre ab Beginn:
KG= systemische PT
(KPbPT=KG)>LPbPT Angststörungen & Depression
LPbPT>(KPbT,= KG) Separate Auswertung für
Angststörung: Tabelle 4,
LPbPT>(KPbT= KG)
Seite 699
Knekt P, Lindfors O, Laaksonen MA, et
3 Jahre ab Beginn:
KG= systemische PT
Angststörungen & Depression
Hier abhängige Variable:
Arbeitsfähigkeit und soziales
LPbPT>(KPbT= KG)
Jakobsen, T, Rudolf, G. Brockmann, J. ,
(54) LPbPT Ø 282 h
Eckert, J., Huber, D., G. Klug, Grande,
Zusammenschluß der Daten
T, Keller, W, Staats, H., Leichsenring,
aus 4 Einzelstudien.
Hier nur Angststörungen
Jakobsen, T, Rudolf, G, Oberbracht, C,
(13) LPbPT Ø 300,8
Hier nur Pat mit ICD-10 F41
Langer, M, Keller, W, Dilg, R, Stehle,
„Angststörungen" extrahiert
S, Leichsenring, F , Grande, T (2008).
KPbPT Ø 79,5 h (25,4 M)
Hier nur Pat mit ICD-10 F42
„Zwangsstörungen" extrahiert
KPbPT Ø 82 h (27,1 M)
Rudolf, G., Manz, R., & Öri, C (1994)
Verbesserung der
Diagnosespezifische
*Gruppen unterscheiden sich zu Beginn
zwar nicht in Störungen, aber in
bei Angst-Werten kein
soziodemographischen Variablen
Vergleich, also hier nur
NoKG in Bezug auf LPbPT
Manz, R., Henningsen, C., Rudolf, G.
Differenziertere
LPbPT>KPbPT/KG
Leichsenring, F., Kreische, R, Biskup,
1 Jahr: Änderung
Hier nur Phobien
J., Staats, H., Rudolf, G, Jakobsen, T.
1 Jahr: Änderung
Hier nur Zwangsstörung
(SCL-90-R, IIP)
Wiborg IM, Dahl AA. (1996)
6, 12, 18 Monate nach
PbPT+Clomipramin vs.
Bögels S, Wijts P, Sallaerts S. (in
Publikation in Vorbereitung,
kann vertraulich zur
Verfügung gestellt werden
Ergenisse prä-post
Zeit u. Ergenisse
Brom, D. , Kleber, R. J., & Defares, P.
KG1 = Desensitization
bleiben stabil, keine
KG2 = Hypnotherapie
McCallum, M. & Piper, W.E. (1990)
Delayed grief reactions.
PbPT=GruppenPT+Med WG=Warteliste und Med
Piper, W.E. , McCallum, M. , Joyce,
General symptoms:
A.S. & Ogrodniczuk, J (2001)
PbPT = PbPT+Medikation SPT = SPT + Medikation
Jones EE, Cumming JD, Horowitz MJ.
Anpassungsstörung
Dare, C., Eisler I., Russel, G., Treasure,
PbPtT und KG sign.
J., & Dodge, L. (2001)
Familientherapie
Gowers, D., Norton, K., Halek, C., &
Anorexia nervosa
Vrisp, A. H. (1994)
Fairburn, C., Kirk, J., O'Connor, M., &
Cooper, P. J. (1986)
Fairburn, C. G., Norman, P. A., Welch,
S. L., O'Connor, M. E., Doll, H. A., &
KG<(PbPT, KVT)
Peveler, R. C. (1995)
d.h. Effekt in KG
PbPT: focal interpersonal PT
KG: „desmantled" VT
Garner, D. M., Rockert, W., Davis, R.,
Garner, M. V., Olmsted, M. P., & Eagle,
Bachar, E., Latzer, Y., Kreitler, S., &
Anorexia u. Bulimia nervosa
Berry, E. M. (1999)
PbPT>KVT>KG
KG=Ernährungsberatung
PbPT sensu Kohut,
KVT nicht störungsspezifisch
Tasca, G.A., Ritchie, K., Conrad,
G., Balfour, L., Gayrton, J., Lybanon,
V., & Bissada, H. (2006)
Leichsenring, F. & Leibing E. (2003)
Vergleich zwischen
psychodynamic therapy
möglich. Aber: effect
studies: mean follow-up
sizes indicate long-
period 78 weeks;
term rather than short-
cognitive behaviour therapy
studies: mean follow-up
personality disorders
period 13 weeks.
Svartberg, M, Stiles, T, Seltzer, MH
6M, 12M und 24 M:
Muran, J. C., Safran, J.D., Samstag,
L.W., Winston, A. (2005)
PbPT1 = psychdyn KurzPT
PbPT2 = brief relational PT
Winston, A.; Laikin, M.; Pollack, J.;
Samstag, L. W.; McCullough, L;
Ergebnisse stabil
Muran, J. C. (1994)
PbPT1=Brief adaptive PT
(eher KVT) PbPT2=Psychodyn. KurzPT
Hellerstein, DJ, Rosenthal, RN, Pinsker,
6 Monats-Katamnese
H, Wallner Samstag, L, Muran, JC,
Ergebnisse stabil
Winston, A (1998)
Abbass, A, Sheldon, A, Gyra, J., Kalpin, RCT PbPT
KG = minimal contact,
delayed treatment, 3-4
Wartezeit auch mit
Monate, danach auch gleiche
Munroe-Blum, H., & Marziali, E.
KG = interpersonal group
Woody, G. E.; McLellan, T.; Luborsky,
N gesamt 110, Subgruppen:
L. L.; O'Brien, C. P. (1985)
PbPT/KVT>KG, bei
Pat ohne PS: opiate
ASP+Depress, aber
dependence alone (16); opiate
nicht bei Pat mit ASP
dependence + deression (16)
Pat mit PS: opiate dependence + depression + antisocial personality disorder (N = 17); opiate dependence plus antisocial personality disorder (N = 13) PbPT + drug counselling KVT + drug counselling KG = drug counseling alone
Bateman, A., & Fonagy, P. (1999)
PbPT: MBT teilstationär mit
Einzel- u Gruppentherapie; TAU: standard psychiatric care
Bateman, A., & Fonagy, P. (2001)
PbPT=11 + follow-up-
program: group analytic
therapy twice a week (180
hours over 18 months),
attendance was 75% during
the follow-up period
Bateman, A., Fonagy, P. (2003)
PbPT nicht teurer als TAU, aber durch PbPT weniger Folgekosten
Bateman, A., Fonagy, P. (2008)
PbPT>TAU, PbPT stabil bzw weitere Verbesserungen
Bateman, A., & Fonagy, P. (2009)
PbPT u. KG, aber
PbPT= MBT, manualized,
outpatient MBT was
consisting of 18 months of
weekly combined individual
outpatient SCM in
and group psychotherapy
terms of effects on
provided by two different
suicide attempts,
severe incidents of
self-harm, and on
KG = SCM: Structured
Clinical Management, based
on a counseling model closest to a supportive approach with case management, advocacy support, and problem-oriented psychotherapeutic interventions
Clarkin, J. F., Levy, K. N.,
1 Jahr nach Beginn:
Lenzenweger, M. F., & Kernberg, O. F.
alle verbesssert,
SPT = SPT + Medikation
Levy, K. N., Meehan, K.B., Kelly,
1 Jahr nach Beginn:
K.M., Reynoso, J.S., Weber, M.,
PbPT>KVT/ SPT
Abhängige Variablen:
Clarkin, J.F., Kernberg,, O.F. (2006)
Gregory, R., Chlebowski, S, Kang, D,
1 Jahr nach Beginn:
Borderline PS + Alkohol
Remen, AL, Soderberg, MG,
TAU: "Although TAU
Stepkovitch, J, Virk, S. (2008)
participants received higher average treatment intensity, they showed only limited change during the same period".
Korner A, Gerull F, Meares R,
Stevenson (2006)
Stevenson, J.; Meares, R; (1992)
1-Jahres-Katamnese.
Änderungen stabil
Bond, M & Perry, C (2004)
Chronic anxiety, depressive
Ergebnisse stabil.
disorders and personality disorders
Jakobsen, T, Rudolf, G. Brockmann, J. ,
(45) LPbPT (Ø 41
Eckert, J., Huber, D., G. Klug, Grande,
Zusammenschluß der Daten
T, Keller, W, Staats, H., Leichsenring,
aus 4 Einzelstudien
Persönlichkeitsstörungen nach ICD 10
Jakobsen, T, Rudolf, G, Oberbracht, C,
(15) LPbPT (Ø 44,2
Nur Persönlichkeitsstörungen
Langer, M, Keller, W, Dilg, R, Stehle,
S, Leichsenring, F , Grande, T (2008)
KPbPT (Ø 19,7 M; Ø 55,6 h)
nach ICD-10 ohne emotional
Leichsenring, F., Kreische, R, Biskup,
Nur Persönlichkeitsstörungen
J., Staats, H., Rudolf, G, Jakobsen, T.
Besserung stabil
Alle Persönlichkeitsstörungen
Behandlungsende;
nach ICD-10 ohne emotional
Besserung stabil
Doering S., Hoerz S., Rentrop M.,
1 Jhr nach Beginn:
Fischer-Kern M., Schuster P., Benecke
KG: Psychotherapeuten,
C., Martius P., Buchheim A. &
erfahren mit Borderline aber
Buchheim P (2009)
ohne spezielles Training in manualisierter BPS-Therapie. Manuskript liegt vor, kann vertraulich zur Verfügung gestellt werden
Junkert-Tress B, Schnierda U,
Hartkamp N, Schmitz N & Tress W
Besserung stabil
Missbrauch
Woody, G. E., Luborsky, L., McLellan,
Opiatabhängigkeit
A. T., O' Brien, C. P., Beck, A. T.,
Methadon-Programm
Blaine, J., Herman, I., & Hole, A.
PbPT + drug counselling
KVT + drug counselling KG = drug counseling alone
Woody, G. E., McLellan, A. T.,
N=93, Opiatabhängigkeit in
Luborsky, L., & O'Brien, C. P. (1987).
Methadon-Programm
PbPT + drug counselling
KVT + drug counselling
KG = drug counseling alone
Woody, G. E., Luborsky, L., McLellan,
N=84, Opiatabhängigkeit in
A. T., & O'Brien, C. P. (1995)
Methadon-Programm
PbPT + Drogenberatung
KG: zusätzliche
Sandahl, C., Herlitz, K, Ahlin, G &
15 Monate nach Th.-
Alkoholabhängigkeit
Rönnberg, S (1998)
wöchentlich 1,5
Beide Gruppen mit
zusätzlicher Medikation;
Somatoforme Störungen
Abbass, A, Kisley, S, Kroenke, K
(23 Symptombesserung
(ES: 0,58-0,78) 0-3
Symptombesserung 3-
Störungsbilder.
Und längerfristig > 9
Mit 14 Studien konnten
naturalistischen
Metaanalysen gerechnet
Längsschnittstu.
Guthrie, E., Creed, F., Dawson, D., &
Reizdarm-Syndrom
Tomenson, B. (1991)
PbPT>TAU (ohne
Etliche TAU-Pat in Katam-neszeitraum bekamen PT
Creed F, Fernandes L, Guthrie E,
PbPT/Med>TAU 1
Reizdarm-Syndrom
Palmer S, Ratcliffe J, Read N, Rigby C,
Med: nur Paroxetin (=SSRI)
Thompson D, Tomenson B. North of
TAU: regelmäßiger Kontakt
England IBS Research Group (2003)
Hamilton, J., Guthrie, E., Creed, F.,
Funktionelle Dyspepsie
Thompson, D., Tomenson, B., Bennett,
Die Besserungen in
R., Moriarty, K., Stephens, W., &
Liston, R. (2000)
bleiben gleich stabil.
Monsen, K., & Monsen, T. J. (2000)
1 Jahr: PbPT>TAU;
Schmerzstörungen
Svedlund J., Sjödin, I, Ottosson, JO,
1 Jahr: PbPT>TAU,
Reizdarm-Syndrom
Dotevall, G (1983)
Baldoni, F, Baldaro, B & Trombini, G
4 Jahre ab Beginn:
Harnröhrensyndrom
PbPT stabil; TAU
TAU: standard urological
Jakobsen, T, Rudolf, G. Brockmann, J. ,
(25) LPbPT: Ø 263
Eckert, J., Huber, D., G. Klug, Grande,
Zusammenschluß der Daten
T, Keller, W, Staats, H., Leichsenring,
aus 4 Einzelstudien
Hier nur F44; F45; F48
Leichsenring, F., Kreische, R, Biskup,
1 Jahr nach Th-Ende:
J., Staats, H., Rudolf, G, Jakobsen, T.
Besserung stabil
Junkert-Tress B, Schnierda U,
Hier nur somatoforme
Hartkamp N, Schmitz N & Tress W
Besserung bleibt
Störungen (N=24)
Psychosen
Mojtabai, R., Nicholson R.A.,
PbPT=KVT Schizophrenie
Carpenter, B.N. (1998)
Unterschiede in ES
Gottdiener,W. H, Haslam. N. (2002)
KG= non-psychodyn.
Karon, B.P., Vandenbos, G.R. (1972)
Ergebnisse stabil
Sacks, JM & Berger, S (1954)
PbPT: Gruppentherapie
Beutel, M., Thiede, R., Wiltink, J. und
Sobez, I. (2001)
Deter, HC (1986)
Asthma bronchiale
Sjodin, I. , Svedlund, J. , Ottosson, J. ,
Peptic ulcer disease
Dotevall, G. (1986)
Mixed Neurotics und
komplexe Störungen
Leichsenring, F, Rabung, S & Leibing,
ca. 1 Jahr: Effekte
verschiedene Störungen
stabil bis weiter
KG: TAU, WG, andere
Leichsenring, F & Rabung. S (2008;
(11 LPbPT > 1 Jahr
Effekte stabil bis
Komplexe psychische
weiter ansteigend
Störungen; PS, chron. Psych.
LPbPT hhe ES; kein
Störungen; chron.
Unterschied in ES
Angststörungen,
Depressionen und multiple
psych. Störungen.
KG= kürzere PTs (verschiedene)
de Maat S., de Jonghe F., Schoevers R.
LPbPT > 1 Jahr
Effekte stabil bis
Gemischte, komplexe
& Dekker J. & (2009)
weiter ansteigend
psychische Störungen;
separate Auswertung für
schwere Störungen
Brill, NQ, Koegler, RR, Epstein, LJ ,
Forgy, EW (1964)
KG1: Mephobamate
KG2: Phenobarbital
KG3: Prochlorperazine
Sloane, R.B., Staples, F.R., Cristol,
Treatment-Integrität
A.H., Yorkston, N.J., Whipple, K.
Siegel, SM, Rootes, MD & Traub, A
9 M nach Th. Beginn.
Verschiedene psych.
PbPT-Dauer unklar!!!
Snyder DK, Wills RM, Grady-Fletcher
4 Jahre: bei KVT
mehr Scheidungen;
„happy married".
Shefler, G., Dasberg, H., & Ben-Shakar,
Diagnoseübergreifend
Effekte stabil; nach
PbPT auch WG-Pat
Piper, W. E., Rosie, JS, Azim, H. F. &
Affektive Störungen und
Joyce, A. S. (1993)
Ergebnisse stabil.
plus weitere Störungen; PbPT: Gruppentherapie
Guthrie E, Kapur N, Mackway Jones K,
Nach 6 M nach Th.-
Pat. mit (Selbst-
Chew-Graham C, Moorey J, Mendel E,
Marino-Francis F, Sanderson S, Turpin
C, Boddy G, Tomenson B. (2001)
Guthrie E, Moorey J, Margison F,
6 M nach Th-Ende
Vers. Störungen
Barker H, Palmer S, McGrath G,
Tomenson B,Creed F. (1999)
Piper, W. E. , Debbane, E.G.,
(78) KPbPT + KG1
6 M nach Th- Ende:
Vers. Störungen
Bienvenue, J.P. Garant, J (1984)
keine Unterschiede
wöchentlich; Ø
KG1=KPbPT-Gruppe
KG2=LPbPT-Gruppe
LPbPT + KG2 (24 M; Ø 76 h)
Sifneos P.E., Apfel R.J. , Bassuk, E.,
Fishman G., & Gill A. (1980)
Sifneos, PE (1990)
Dührssen A. (1962
5 Jahre nach Ende:
Dührssen, A., & Jorswieck, E. (1965)
5 Jahre nach Ende:
PbPT Besserung in
Form von weniger Krankenstände
Brockmann, J, Schlüter, T, Brodbeck,
D, & Eckert, J (2002)
Angststörung. Nach 3,5
Jahren noch nicht alle PbPT
abgeschlossen! VT schon ab 2,5 Jahren. Stichproben nicht vergleichbar
Brockmann, J, Schlüter, T, & Eckert, J
7 Jahre nach Beginn:
Ergebnisse stabil; nur PbPT weitere Besserungen im IIP
Grande, T., Dilg, R., Jakobsen, TH.
(27) LPbPT (Ø 310
LPbPT>KPbPT 1-Jahres-Katamnese:
Keller, W., Krawietz, B., Langer, M.,
Oberbracht, C., Stehle, S., Stennes M.,
Rudolf, G. (2006)
Jakobsen, T, Rudolf, G. Brockmann,
(16) LPbPT (Ø 284 h LPbPT=KPbPT 1-3
Jahreskatamnesen
J. , Eckert, J., Huber, D., G. Klug,
Zusammenschluß der Daten
Grande, T, Keller, W, Staats, H.,
aus 4 Einzelstudien
Leichsenring, F (2007)
Belastungsstörungen,
Essstörungen, Nicht-
organischen Schlaf- &
sexuelle Funktionsstörungen; Abhängigkeit und Missbrauch.
Puschner B, Kraft S, Kächele H, Kordy
(116) LPbPT 1 h/W,
Innerhalb der 2 Jahre
Rudolf, G., Manz, R., & Öri, C (1994)
Patientengruppe.
Für alle Pat: Höhere
*Gruppen unterscheide in zu Beginn
LPbPT>KPbPT/KG
Besserungsquote durch
zwar nicht in Störungen, aber in
LPbPT, besonders in den
soziodemographischen Variablen
Bereichen somatische
Beziehungstörungen, allerdings keine Signifikanzangaben.
Manz, R., Henningsen, C., Rudolf, G.
Differenziertere
Leichsenring, F., Kreische, R, Biskup,
1 Jahr. stabil bzw.
J., Staats, H., Rudolf, G, Jakobsen, T.
tendenzielle weitere
Leuzinger-Bohleber, M., Stuhr, U.,
Ø 6,5 Jhr nach Ende:
Katamnese-Studie
Rüger, B., & Beutel, M. (2003)
wirksam, stabile Verbesserungen
Luborsky, L., Stuart, J., Friedman, S.,
Angaben Besserungen,
Diguer, L., Seligman, D. A., Bucci, W,
Sandell et al. (1999; 2000; 2001)
cross-sectional design,
LPbPT1> LPbPT2
Wilczek A, Barber JP, Gustavsson JP,
KG = „non therapy"
Asberg M, Weinryb RM.(2004)
nicht parallelisiert
(144) PbPT >3 Jhre.
1 Jahr nach Ende:
Gemischte Störungen.
Schleussner (2005)
1,2 u 3 Jahre nach
noch keine Daten
Beginn: PbPT>WG
Hoglend P., Bogwald K.-P., Amlo S.,
3 Jahre: Effekte
Marble A., Ulberg R., Sjaastad M.C.,
LPbPT1>LPbPT2
weiter ansteigend;
Übertragungsdeutungen;
Sorbye O., Heyerdahl O. & Johannsson
LPbPT1>LPbPT2 bei
strukt. Störungen
Übertragungsdeutungen
Berghout C, Zevalking J (2009)
cross-sectional design
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Frage 4: Gibt es Hinweise auf Risiken durch Anwendung des
Verfahrens in den Anwendungsbereichen der Psychotherapie-
Richtlinie gemäß § 22?
Dass Psychotherapie im Wesentlichen unproblematisch verlaufe, gehört zu den
Mythen der Psychotherapie. Die erste Veröffentlichung zu negativen Effekten durch
Psychotherapie stammte von dem Therapieforscher A. E. Bergin aus Utah. Dieser
machte auf die regelhaft festzustellende Varianzerweiterung von Messgrößen nach
einer Psychotherapie aufmerksam. Psychotherapie ist generell wirksam, wie man
Lambert u. Ogles (2004) eindeutig entnehmen kann, aber Therapie kann auch
schaden: Bei wirksamen Behandlungen gibt es praktisch immer Patienten, denen sie
nützt, aber auch andere, denen sie nichts nützt oder gar schadet. Es ist vernünftig,
von Fehlentwicklungen zu sprechen, die vielfältige Gründe haben können (Caspar u.
Risiken liegen bei der Durchführung von analytisch begründeter Psychotherapie –
wie bei allen Verfahren – in der nicht korrekten Anwendung des Verfahrens durch
Therapeuten. Falsche Indikationsstellung, Nicht-Einhaltung der therapeutischen
Abstinenz, Förderung von Anhängigkeit des Patienten durch unrealistische
Versprechungen, forcierte Übertragungsanalyse bei Vernachlässigung der sozialen
Realität des Patienten u. a. m. können Fehlentwicklungen zur Folge haben.
Grenzüberschreitungen sind allerdings kein spezifisches Problem der analytisch
begründeten Psychotherapie, wie Fischer u. Riedesser (2003) ausführen, treten
aber durch die hohe Frequenz und die Dichte des Prozesses gerade auch in
Analysen besonders gravierend auf (Hoffmann et al. 2009).
Literatur:
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Frage 5: Ist eine spezifische Überlegenheit des Verfahrens bei der
Behandlung bestimmter Krankheitsbilder im Vergleich zu anderen
Alternativen nachweisbar?
Bei etlichen Krankheitsbildern konnten spezifische Überlegenheiten der
psychoanalytisch begründeten Verfahren dokumentiert werden, wie die folgende
Studien-Auswahl zeigt.
Affektive Störungen
De Jonghe et al. (2001) untersuchten in einer randomisiert-kontrollierten Studie die
Wirksamkeit einer alleinigen ambulanten supportiven psychodynamischen
Kurzzeittherapie (Short Psychodynamic Supportive Psychotherapy, SPSP) bzw.
einer Pharmakomonotherapie im Vergleich zu einer Kombinationstherapie mit
Antidepressiva. Hierbei zeigte sich, dass die Kombinationsbehandlung signifikant
rascher zu einer Remission führte (nach 24 Wochen: 59,2 % remittierte Patienten in
der Kombinationsbedingung gegenüber 40,7 % in der reinen
Pharmakomonotherapie) und weniger dropouts aufwies.
In einer weiteren randdomisiert kontrollierten Studie (de Jonge et al. 2004) wurde
eine alleinige Psychotherapie (Short Term Psychodynamic Psychotherapy, STPP)
mit einer Kombinationsbehandlung (Medikation und STPP) verglichen. Es fanden
sich insgesamt ähnliche Symptomreduktionen für Monotherapie mit STPP und einer
Kombinationsbehandlung mit Antidepressiva. Bei Messungen mit der
Depressivitätsskala der SCL-90-R und mit dem Verbesserungsindex des Clinical
Global Impression war die Kombinationsbehandlung effektiver.
Die randomisiert-kontrollierte Studie von Burnand et al. (2002) zeigte eine
Überlegenheit einer kombinierten Behandlung mit STPP und Antidepressiva
gegenüber einer reinen Pharmakomonotherapie hinsichtlich Symptombesserung,
Remissionsraten und psychosozialer Anpassung; in dieser Studie führte die
Kombinationstherapie auch zu signifikant weniger krankheitsbedingten Fehltagen.
Die Münchener Studie von Huber et al. (2002) konnte zeigen, dass analytische
Psychotherapie im Vergleich zu tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie und
zu Verhaltenstherapie bei depressiven Patienten in einem randomisiert-kontrollierten
Studiendesign ein Jahr nach Ende der Behandlungen in einer Vielzahl von
Störungsmaßen signifikant höhere Effekte erbrachte (Huber et al. 2008; Gastner et
al. 2008). Die folgenden Ergebnisse beziehen sich auf den Vergleich zwischen
analytischer Psychotherapie und Verhaltenstherapie zur 1-Jahres-Katamnese:
Analytische Psychotherapie war der Verhaltenstherapie in folgenden
Veränderungsmaßen signifikant überlegen: HSRD (Hamilton Rating Scale for
Depression); GAF (Global Assessment of Functioning); TAS – Wendung gegen das
eigene Selbst; Gesamtwert IIP (Interpersonelle Probleme); GAS (Goal Attainment
Scale), SPC (Skalen Psychischer Kompetenz).
Laut einer Studie von Wiborg und Dahl (1996) war in einem follow-up nach 9
Monaten die psychodynamische Therapie in Kombination mit Clomipramin im
Hinblick auf die Remissionsraten von Patienten mit Panikstörungen wirksamer als
Clomipramin allein.
Die Panik-fokussierende psychodynamische Psychotherapie (Milrod et al. 1997)
zeigte sich im randomisierten Vergleich mit „applied relaxation training", einem
verhaltenstherapeutischen Entspannungstraining, ähnlich wirksam bei
Panikstörungen wie die kognitive Verhaltenstherapie (Öst & Westling 1995) und als
signifikant überlegen in Veränderungsmaßen bezüglich der Symptomatik (Panic
Disorder Severity Scale) sowie der allgemeinen psychosozialen Funktionsfähigkeit
(Milrod et al. 2007).
In einer randomisiert kontrollierten Machbarkeitsstudie war die psychodynamische
Psychotherapie durchschnittlich ebenso wirksam wie eine rein supportive Therapie,
sie war dieser jedoch im Hinblick auf die Besserungsraten signifikant überlegen
(Crits-Christoph et al. 2005).
Im randomisiert-kontrollierten Vergleich zu psychodynamischen sowie systemischen
Kurzzeittherapien zeigten analytische Langzeittherapien zwar erst nach längerer Zeit
positive Effekte auf Angststörungen, aber bezogen auf die Besserungsraten drei
Jahre nach Behandlungsbeginn waren sie den Kurzzeittherapien signifikant
überlegen (Knekt et al. 2008a). In der gleichen Studie zeigte sich, dass die Patienten
in analytischer Langzeittherapie nach drei Jahren ab Beginn im Vergleich zu den
Kurztherapien eine signifikant höhere Arbeitsfähigkeit aufwiesen sowie signifikant
selten mehr als sieben Arbeitsfehltage (innerhalb von drei Monaten) hatten (Knekt et
Jakobsen et al. (2008) fanden in einer naturalistischen parallelisierten Studie für
Patienten mit Persönlichkeitsstörungen hohe Effektstärken für analytische
Psychotherapie und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie; die analytische
Psychotherapie zeigte bei dieser Patientengruppe signifikant bessere Ergebnisse.
Clarkin et al. (2007) verglichen die psychoanalytisch begründete Transference
Focussed Psychotherapy (TFP) mit supportiver Psychotherapie und Dialektisch-
behavioraler Therapie (DBT) in einem randomisierten Design in der Behandlung von
Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen. Bisher liegen die Ergebnisse
nach einem Jahr Behandlung vor. In Bezug auf die primären Zielkriterien
(Suizidalität) zeigten sich TFP und DBT als wirksam. TFP bewirkte höhere
Verbesserung in Bezug auf einen zentralen Symptomfaktor bestehend aus
impulsivity, irritability, verbal assault, and direct assault. In Bezug auf die sekundären
Zielkriterien zeigten sich alle drei Behandlungsformen veränderungswirksam bei
Depression, Angst, allgemeines Funktionsniveau und soziale Anpassung. Insgesamt
allerdings bewirkte die psychoanalytisch begründete TFP signifkante Veränderungen
in 10 der 12 Zielvariablen, die supportive Therapie sechs und die DBT fünf (Clarkin et
al. 2007). In der gleichen Studie erbrachte nur TFP nach einem Jahr Behandlung
signifikante Veränderungen in Richtung „sichere Bindung" sowie Verbesserung der
Reflective Function (Levy et al. 2006). Beide Aspekte sind mit psychischer
Gesundheit assoziiert und stellen psychische Schutzfaktoren gegen die Entwicklung
psychischer Störungen dar.
Döring et al. (2009) untersuchten in Deutschland und Österreich psychoanalytisch
begründete Transference Focussed Psychotherapy (TFP) im randomisierten
Vergleich zu anderen Richtlinien-Psychotherapien bei der Behandlung von Patienten
mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen. Nach einjähriger Behandlung liegen
folgende Zwischenergebnisse vor: TFP zeigte sich signifikant überlegen bei der
Verhinderung von drop-outs (ein häufiges und schwerwiegendes Problem in der
Behandlung dieser Patientengruppe), der Reduzierung der Suizidversuche, der
Reduzierung von Borderline-Kriterien, der Reduzierung von Klinikaufenthalten, der
Verbesserung des globalen Funktionsniveaus sowie der Verbesserung des
Strukturniveaus.
Bateman & Fonagy (1999; 2001; 2003) konnten in einer RCT-Studie nachweisen,
dass die Behandlung von Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen durch
(teilstationäre) psychoanalytisch begründete Psychotherapie der üblichen
Standardbehandlung signifkant überlegen ist. Die deutliche Überlegenheit erwies
sich selbst fünf Jahre nach Behandlungsende als stabil (Bateman & Fonagy 2008). In
einer weiteren RCT-Studie belegten Bateman & Fonagy (2009), dass auch rein
ambulant durchgeführte psychoanalytisch begründete Psychotherapie im Vergleich
mit einer intensiven strukturierten klinischen Versorgung eine signifikante
Überlegenheit bei der Behandlung von Patienten mit Borderline-PS aufweist.
Auch in der RCT-Studie von Gregory et al (2008) erwies sich eine deutliche
Überlegenheit der psychoanalytisch begründeten Psychotherapie in der Behandlung
von Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen und Alkoholmißbrauch im
Vergleich zu einer zeitlich sogar intensiveren Standardversorgung.
Studien bezüglich weiterer Krankheitsbilder
Woody et al. (1987; 1995) zeigten in zwei RCT-Studien die Überlegenheit von
psychoanalytisch begründeter Psychotherapie gegenüber der Standardbehandlung
bei Patienten mit Opiatabhängigkeit. In der RCT-Studie von Sandahl et al. (1998)
erwies sich psychoanalytisch begründete Psychotherapie gegenüber kognitiver
Therapie überlegen bei der Behandlung von Alkoholmissbrauch.
Creed et al. (2003) wiesen in einer RCT-Studie nach, dass eine 3-monatige
psychoanalytisch begründete Psychotherapie gleiche Verbesserungen nach
Behandlungsende bezüglich Lebensqualität bei Patienten mit Reizdarm-Syndrom
erzielte wie eine 3-monatige Pharmakotherapie, und dass beide der TAU
(Arztbesuche) überlegen waren. Ein Jahr nach Behandlungsende wiesen aber nur
die Psychotherapie-Patienten signifikante Reduzierungen bei den health-care-costs
In der RCT-Studie von Bachar et al. (1999) erwies sich die psychoanalytisch
begründete Psychotherapie sowohl im Vergleich mit kognitiver Verhaltenstherapie
als auch mit Ernährungsberatung signifikant überlegen in der Behandlung von
Patientinnen mit Bulimia nervosa und Anorexia nervosa. Während die allgemeine
Symptombelastung (BSI-GSI) sich in beiden Psychotherapieformen verbesserte,
erwies sich eine Überlegenheit psychoanalytisch begründeter Psychotherapie (auch
gegenüber der KVT) im Bereich der manifesten Symptomatik, in den Einstellungen
zu Essen und Gewicht sowie im Selbstkonzept. Am Behandlungsende erfüllten nur
noch 36% der Patientinnen mit psychoanalytisch begründeter Psychotherapie die
DSM-Störungskriterien, im Vergleich zu 83% der KVT-Patientinnen und 86% der
Patientinnen mit Ernährungsberatung. Psychoanalytisch begründete Psychotherapie
zeigte also im in Hinblick auf die klinische Signifikanz eine deutliche Überlegenheit im
Vergleich zu den Alternativbehandlungen.
Gemischte und komplexe Störungen
Eine Metaanalyse von Leichsenring & Rabung (2008) untersuchte die Wirksamkeit
von „psychodynamischer Langzeittherapie" (long-term psychodynamic
psychotherapy, LTPP), wobei „Langzeit" hier mit mehr als 50 Sitzungen bzw.
mindestens einem Jahr Behandlung definiert wurde. Im Durchschnitt umfassten die
LTPPs 151,38 Sitzungen mit einem Median von 73,5 Sitzungen. Die
Gesamtstichprobe der in die Metaanalyse einbezogenen Studien umfasst 1053 mit
LTPP behandelte Patienten mit überwiegend schweren psychischen Störungen
(komplexe, chronische, multimorbide Störungen, Persönlichkeitsstörungen). Einige
der in die Metaanalyse aufgenommenen Studien untersuchten zusätzlich den
Vergleich zu kürzeren Behandlungen (psychodynamischen oder anderen, auch
CBT). Die LTPP erbrachte für diese Patientengruppe deutlich höhere Effektstärken
als die kürzeren Behandlungen; die Effekte vergrößerten sich noch im
Katamnesezeitraum.
Hoglend et al. (2008) zeigten in einer RCT-Studie, dass „patients with a lifelong
pattern of poor object relations" (die quality of object-relationship gilt als Aspekt der
psychischen Struktur) signifikant stärker von psychoanalytisch begründeter
Psychotherapie mit Übertragungsdeutungen profitieren als von psychoanalytisch
begründeter Psychotherapie ohne Übertragungsdeutungen (bei im Mittel gleicher
Sitzungsanzahl); die Effekte blieben über die 4-Jahres-Studienperiode erhalten:
Während es für Patienten mit high-score-OR-Patienten (strukturell eher höheres
Niveau) keinen Unterschied macht, ob Übertragungsdeutungen in die Technik
integriert werden (sie verbessern ihr Funktionsniveau in beiden
Therapiebedingungen gleich gut), profitieren die low-score-OR-Patienten (also
diejenigen mit einem niedrigen Strukturniveau) deutlich mehr von einer Therapie mit
Übertragungsdeutungen.
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community methadone programs: a validation study. American Journal of Psychiatry, 152, 1302-1308.
Frage 6: Über welchen Zeitraum können Katamnesen mit welchen
Ergebnissen nachgewiesen werden?
Das Interesse an Katamnestik zeichnet die analytische Psychotherapie seit ihrem
Beginn aus. Seitdem Cremerius (1962) eine katamnestische Untersuchung vorlegte,
die besonders die Kurzlebigkeit der Wirksamkeit von übenden Verfahren und
kürzeren Interventionen zu belegen vermochte, ist die Notwendigkeit von
Langzeitkatamnesen psychoanalytisches Erfahrungsgut. Die Langzeitkatamnese der
Stuttgarter Fachklinik für analytische Psychotherapie war für viele weitere
Untersuchungen vorbildlich (Göllner et al. 1978).
Exemplarisch ist die Einzelfalldarstellung am Beispiel einer Neurodermitis mit
zwanzigjähriger Katamnese durch Thomä (1980), die erneut im Ulmer Lehrbuch der
psychoanalytischen Therapie (Thomä u. Kächele, Band 2, 1988/2006) zusammen
mit anderen Einzelfall-Katamnesen aufgeführt wurde. 42 solcher
Langzeitbeobachtungen wurden von Wallerstein (1986) im Rahmen des Menninger
Psychotherapy Research Project über einen sehr langen Zeitraum
zusammengetragen.
Rüger u. Senf (1994) haben erneut auf die Notwendigkeit von solchen
Nachuntersuchungen hingewiesen. (Eine zusammenfassende Darstellung der
Katamnesezeiten in psychoanalytischen Therapiestudien findet sich in der Tabelle
am Ende dieses Kapitels).
Bemerkungen zu ausgewählten Studien:
Die Langzeitwirkungen von analytischen Psychotherapien niedriger und höherer
Frequenz wurden im DPV-Katamnesenprojekt sechs Jahren nach Behandlungsende
untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Therapiedauer von bis zu vier Jahren in
beiden Settings zu einem günstigen katamnestischen Ergebnis führt. Bedeutsam in
dieser Studie ist die Differenzierung von Ergebnissen nach verschiedenen
Gesichtspunkten, wie sowohl klinisch wie auch psychometrisch gezeigt werden
Clusteranalytische Identifizierung von Untergruppen (N=154)
Untergruppe 1: Die therapeutisch Erfolgreichen mit dem speziellen Fokus:
Zufriedenheit mit der eigenen Gesundheit, aber dem gemeinen Leiden an der
Untergruppe 2: Die therapeutisch Erfolgreichen mit dem Fokus auf Zufriedenheit
Untergruppe 3: Die noch Belasteten, die nur durchschnittlich zufrieden sind
Untergruppe 4: Die therapeutisch Erfolgreichen mit dem Fokus auf finanzieller Zufriedenheit
Untergruppe 5: Die auf der ganzen Linie therapeutisch Erfolgreichen
Untergruppe 6: Die noch belasteten Unzufriedenen
Untergruppe 7: Die extrem kleine Gruppe der therapeutisch relativ am wenigsten
erfolgreichen Patienten.
Diese Auswertung eines Subsamples (50%) der gesamten Stichprobe mittels
psychometrischer Datensätze zeigt die Notwendigkeit auf, Ergebnisse differenziert
zu bewerten (Stuhr et al. 2002, S.154).
Das derzeit umfangreichste prospektiv angelegte psychoanalytische
Forschungsprojekt der Stockholmer Forschergruppe um Sandell zeigte zunächst
unterschiedliche Ergebnisse von Psychoanalysen und Langzeitpsychotherapien nach
dreijähriger Nachbeobachtungszeit auf. Wurden jedoch therapeutische Stile als
differenzierende Kriterien eingeführt, so ergaben sich Wechselwirkungen zwischen
Setting und Therapeutenstil in der Langzeitwirkung (Sandell et al. 2001). Eine neuere
quantitative Auswertung aus der Münchener Psychotherapiestudie (Huber u. Klug
2009) macht deutlich, dass alle drei Langzeittherapien (Analytische Psychotherapie -
PA, Psychodynamische Psychotherapie - PD und Kognitiv-behaviourale Therapie -
CBT) effektiv in der Behandlung einer diagnostisch homogenen Gruppe von
depressiven Patienten (unipolar, rezidivierend
oder "double depression") mit
komorbiden Störungen sind. Diese Effektivität lässt sich auch in der 1-Jahres-
Katamnese nachweisen. Im direkten Therapievergleich ist die analytische
Psychotherapie (PA) der psychodynamischen Psychotherapie (PD) und der
kognitiven Verhaltenstherapie (CBT) in den meisten Maßen signifikant überlegen,
was sich vor allem in der geringeren Rezidivneigung bei der 1-Jahreskatamnese
abbildet; zwischen der PD und der CBT besteht kaum ein signifikanter Unterschied.
Grande et al. (2006, 2009) verglichen niederfrequente und höherfrequente
analytische Psychotherapie und fanden signifikante Unterschiede zum Ende der
Behandlung im IIP-64 Gesamtscore zugunsten der höheren Frequenz, nicht aber im
SCL-90-R GSI. Zum ersten follow-up-Zeitpunkt nach einem Jahr war der Effekt
bezüglich des IIP Gesamtscores nur noch als Tendenz (p.<10) feststellbar, nach
einer zweiten follow-up-Messung nach drei Jahren jedoch erneut signifikant.
Bezüglich des GSI
wurden weder nach einem Jahr noch nach drei Jahren
signifikante Unterschiede zwischen den beiden Behandlungen gefunden.
Jakobsen et al. (2007) haben die Daten von vier Langzeitpsychotherapiestudien in
einer Mega-Analyse aggregiert, und zwar der Göttingen Studie (Leichsenring et al.,
2005), der Frankfurt-Hamburg-Studie (Brockmann et al., 2002, 2006), der
Heidelberg-Berlin-Studie (Rudolf et al., 2004; Grande et al., 2006) und der
Münchener Psychotherapie-Studie (Huber, D., Klug, G. & von Rad, M. (2002), um
durch die so erhöhten Fallzahlen die einzelnen Diagnosegruppen besser vergleichen
zu können. Für die affektiven Störungen fanden sich im prae/post-Vergleich von 76
Patienten eine Effektstärke von 1.70 für den Global Severity Index (GSI) der
Symptom-Check-List (SCL 90-R), für die Depressivitätsskala eine Effektstärke von
1.73 und für den Gesamtmittelwert des Inventory of Interpersonal Problems (IIP) eine
Effektstärke von 1.21. Im Vergleich der Messungen vor Therapiebeginn zur 1-Jahres-
Katamnese fanden sich für den Global Severity Index (GSI) eine Effektstärke von
1.79, für die Depressivitätsskala eine Effektstärke von 1.85 und für den
Gesamtmittelwert des Inventory of Interpersonal Problems (IIP) eine Effektstärke von
1.56. Diese Ergebnisse belegen, dass die beiden Langzeitpsychotherapieformen auf
der Symptomebene und der interpersonellen Ebene sehr effektiv sind und dass ihre
Erfolge stabil zu sein scheinen („scheinen" deshalb, weil eine Katamnesedauer von
einem Jahr für eine depressive Erkrankung noch relativ kurz ist).
Eine neuere niederländische Studie weist auf, dass in dem zweijährigen
Katamnesenzeitraum besonders die Veränderungen in der Persönlichkeitsstruktur
noch deutlicher werden (Berghout & Zevalking, 2009).
Zusammenfassend lässt sich sagen: die Datenlage belegt, dass die
psychoanalytische Therapieorientierung längere katamnestische Zeiträume für
absolut notwendig erachtet.
Ergebnis der
e-intervall
Katamnese
Maximal 200 13 % kaum gebessert
90 (analytische Ergebnisse
Gespräch, Hypnose, ) Sitzungen
Ergebnisse siehe
autogenes Training
Elektrokonvulsive
Sehr variabel, Bei 64%
Verbesserung der
psychodynamische
Symptome; bei 40%
Heilung oder sehr
(14%), supportive
Verbesserung; 77%
Leukotomie (3%),
waren sozial integriert.
Besserungsrate höher
Behandlung (16%);
nach den ersten 5
Jahren als in den
Jahren 5-10 (66,7%
Chronische und Analytisch orientierte 9 Monate bis 2 Erfolgsrate geschätzt
Beobachter:30% für
Borderline- und 70%
für neurotische
Komplexe Ergebnisse
supportive psycho-
Impuls-neurosen,
narzisstische und
Evaluation 1 Jahr
Behandlungsende hat
keinen prediktiven
Wert für Stabilität der
Veränderungen 5-10
Stationär-ambulante
Therapieeffekt stabil,
tive und quantitative
neurotische und Gruppen-
Therapie nach selbstbestimmenden
Behandlung (Einzel-, über 5 Jahre stationäre
Gruppen-, Familien- hinaus
Wiederaufnahme in 5
und medikamentöse
Jahren; signifikanter
Suizidalverhalten;
leichter Abfall in
selbstverletzendem
Kognitiv-behaviorale
Katamnesezeitpunkt
von 2,5 Jahren war
der signifikante Abfall
der Alpträume stabil
Therapie-vergleich
29 % asymptomatisch
Verhaltenstherapie
bei 3 Monaten und 1
16 Sitzungen Jahr Katamnese; 8
Sitzungen IP weniger
effektiv als andere; 16
Sitzungen CB nicht
Mittlere Effektstärke
depressive und Therapie nach
Kontrolle (vor und
nach Behandlung)
0.986. Erreichte
Ergebnisse waren zu
beiden Messzeiten
Therapie-vergleich
Beide reduzierten
psychodynamische
Monate mit 4 Verlauf
zufriedenstellend; kein
systemische Therapie
Unterschied zwischen
Sitzungen pro beiden Therapien in
der Effektivität
Sationär eingeleitete Primär
Komplexe Ergebnisse;
funktionelle und und ambulant
fortgeführte Einzel- Psychoanalyse
en konnten gutes
Gruppentherapien,
Therapieende über
primär ambulante
Katamnesezeit nicht
Psychotherapien und Sitzungen;
Kranke im engeren
Sinne erzielten zum
Katamnesezeitpunkt
insbesondere bei
stationärer Einleitung
Initial akute stationäre
47% der Patienten
Diagnose Bordeline-
Im Verlauf von 3
kombinierte Quer- en
Diagnose nach 3-5 Sitzungen pro
Jahren mittleres
und Längsschnitt-
psychodynamische
Psychoanalyse besser
Psychotherapien:
1-3 Sitzungen pro
psychodynamischer
Vergleichs-studie
Initial stationäre
Verbesserung bei
48% der Patienten
hatten Erkrankung für
mehr als 30 Jahre
Persönlich-keits-,
Durchschnitt 4 Bei 70-80% gute und
psychoanalytische
neurotische und Langzeittherapie
3 und mehr Reduktion der
Sitzungen pro Gesundheitskosten
Anorexia nervosa,
Mittlere Dauer Nach 2,5 Jahren: 33
psychodynamische
Patienten und 25 %
Abteilungen für
der Bulimie-Patienten
psycho-somatische
waren symptomfrei.
Einfluss von Dauer
Psycho-therapie)
und Intensität der
schwach und nur in
weiteren Patienten-
bzw. Klinikmerkmalen
88% sind mit ihrer
pektiv prospektiv für
neurotische und (Jungianische)
Gesundheit zufrieden;
Psychoanalyse und (0,3-8,3 Jahre),
Leitsymptomatik bei
unfähigkeits- und Daten von
tiefenpsychologisch
70% behoben oder
Kranken-haustage
gut gebessert; bei
66% körpelicher
Zustand besser oder
sehr viel besser; bei
Zustand besser oder
sehr viel besser. Im
Jahren prä/post
Therapie Halbierung
Arbeitsunfähigkeits-
Krankenhaustagen.
Langzeittherapie
erfolgreicher als
Kurzzeittherapie
Unterschiedliche
Durchschnitt 63 Patientenmerkmale in
psychoanalytische
Gruppen; deutliche
Symptombelastung
und interpersonalen
Problematik in beiden
Psychodynamische
Ergebnisse noch nicht
Therapien: 16 publiziert
Kurzzeittherapie
Verhaltenstherapie
(CBT); zusätzlich
Pharmakotherapie
Psychodynamische
Kurzzeittherapie
Patienten mit STPT
psychodynamische
Langzeittherapie
verbesserten sich
schneller; Patienten
Lösungsorientierte
mit SFT erholten sich
Patienten mit LTPT.
Langzeittherapie
(LTPT) effektiver als
Kurzzeittherapien
(STPT und SFT); kein
Unterschied zwischen
Kurzzeittherapien
Psychoanalytisch
Maximum von Deutliche
Therapie (Einzel- und
Standardtherapie in
Gruppentherapie)
Inanspruchnahme von
Standardtherapie
Funktionsfähigkeit,
beruflichem Status
Verbesserung der
prospektiv mit 10 en
Psychotherapien:
Belastungs- und tiefenpsychologisch
zeitpunkten Versicheru
Psychotherapie (TP), 25 Sitzungen;
Verschlechterung bei
psychoanalytische
Psychotherapie (AP), 42 Sitzungen;
Verhaltenstherapie
tendenziell höher als
in VT und TP; nach
Behandlung leichte
Beeinträchtigung in
TP und VT, dagegen
Depressive und Psychodynamische
1 Jahr lang 1 Prozess der
Therapie mit Deutung
Verbesserung setzt
der Übertragung
nach Therapieende in
beiden Gruppen fort.
Inter-personnele
Psychodynamische
Patienten mit armen
Objektbeziehungen
profitierten mehr von
der Therapie mit
Übertragung, dieser
Effekt hielt an.
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Frage 7: Wie beurteilen Sie die medizinische Notwendigkeit des
Verfahrens im Versorgungskontext unter Berücksichtigung der
Relevanz der medizinischen Problematik, des Verlaufes und der
Behandelbarkeit der Erkrankungen nach den Anwendungs-
bereichen der PT-RL (§ 22)?
Zur Relevanz der medizinischen Problematik
Die mit psychoanalytisch begründeter Psychotherapie behandelten Erkrankungen
sind höchst relevant. Psychische Störungen sind weltweit sehr häufig. Bei einem
Drittel bis zur Hälfte aller Erwachsenen ist im Laufe des Lebens mindestens eine
psychische Störung von Krankheitswert zu erwarten. Ein hoher Prozentsatz der
Betroffenen leidet an mehr als einer psychischen Krankheit zugleich (Komorbidität);
die Komorbiditätsraten liegen typischerweise im Bereich von 50-60%, bei manchen
Störungen bis zu ca. 90% (WHO 2004; Halmi et al. 1991; Hirschfeld 1999; Skodol et
al. 1999; Jacobi et al. 2004).
Wittchen & Jacobi (2005) kommen für die EU zu folgenden Befunden: Jedes Jahr
leiden in der EU 27% (83 Millionen) Männer und Frauen unter psychischen
Störungen; einige chronisch, einige episodisch, einige nur einmalig für einige
Wochen. Die Lebenszeitprävalenz für die Entwicklung einer psychischen Störung
beträgt ca. 50%. Etliche psychische Störungen (am häufigsten Angststörungen,
Substanzstörungen, somatoforme Störungen) beginnen typischerweise vor dem 20.
Lebensjahr und bleiben über die gesamte Lebensspanne bestehen; andere
Störungen, z.B. depressive Störungen, können jederzeit im Leben auftreten. Wann
immer sich eine Störung zeigt, gibt es eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine
zusätzliche Diagnose (Komorbidität). Eine von zwei Personen, die unter einer
psychischen Störung leiden, erfüllen die Kriterien für mindestens eine weitere
Diagnose (z.B. Angst und Depression). Zwischen den EU-Ländern finden sich wenig
Anzeichen für bedeutsame Unterschiede hinsichtlich der beschriebenen Daten.
Die Auswirkungen psychischer Störungen auf Gesundheit und Produktivität sind
gravierender als lange angenommen: In entwickelten Marktwirtschaften sind
psychische Störungen für rund 15% (in Europa 20%) der gesamten
krankheitsinduzierten Belastungen („burden of disease") verantwortlich; dieser Wert
wird nur noch von demjenigen für kardiovaskuläre Erkrankungen übertroffen (WHO
2001). Psychische Störungen sind schwer beeinträchtigende Krankheitsbilder; sie
haben starke Effekte auf Arbeitsproduktivität und Aufgabenerfüllung und gehen mit
stark herabgesetzter Lebensqualität sowie hohen direkten und indirekten
Krankheitskosten einher (WHO 2001; 2004).
Zum Spontanverlauf der Erkrankung
Verschiedene Studien zeigen, dass psychische Störungen früher beginnen und
chronischer verlaufen als lange angenommen (Steinhausen et al. 1998, Verhulst et
al. 1997), wobei sich insbesondere die ersten drei Lebensjahrzehnte als besonders
riskante Periode für die Entstehung chronischer psychischer Leiden erwiesen haben
(Andrade et al. 2000; Lieb et al. 2002; Wittchen et al. 1999). Patienten mit
komorbiden psychischen Erkrankungen haben ein höheres Chronifizierungsrisiko,
eine ungünstigere Prognose und ein erhöhtes Suizidrisiko (z. B. Davidson & Meltzer-
Brody 1999). So geht beispielsweise eine Komorbidität von Depression und Angst
mit höherer Symptomschwere, Chronizität, höherer funktioneller Beeinträchtigung,
höherer Suizidrate und einem geringeren Ansprechen auf medikamentöse Therapie
einher (Kaufman & Charney 2000).
Bezüglich der Angststörungen ist festzustellen, dass auch nach konservativen
Schätzungen etwa 2 - 5 % der Bevölkerung im Lauf ihres Lebens an spontanen
Angstanfällen leiden. Die Krankheit beginnt in der Regel zwischen dem 20. und 30.
Lebensjahr, nach dem 65. Lebensjahr kommt es nur noch sehr selten zu einer
Erstmanifestation. Wenn sich die Störung erst einmal verfestigt hat und länger als ein
Jahr unbehandelt bleibt gibt es in dem beschriebenen Zeitraum wenig Hinweise auf
Spontanremission. Weiterhin erwies sich, dass 35% der Patienten einer
psychosomatischen Fachklinik mit funktionellen kardiovaskulären Symptomen, die
erfahrungsgemäß sehr häufig als somatische Angstäquivalente zu verstehen sind,
bereits seit über einem Jahr kontinuierlich krankgeschrieben waren, bei einer
Krankheitsdauer von durchschnittlich mehr als 7 Jahren. Diese Studie (Sturm u.
Zielke, 1988) an 1155 Pat. ist vor allem deshalb alarmierend, weil diese Patienten
vermutlich über Jahre völlig unzureichend mit Tranquilizern, Schlafmitteln und
Antidepressiva behandelt worden waren
Zu diagnostischen und therapeutischen Alternativen
Aus dem oben Dargestellten lässt sich ableiten, dass diagnostische und
therapeutische Verfahren, die sich nicht auf die Diagnose und Therapie
monosymtomatisch gestörter Patientengruppen beschränken, von entscheidender
Bedeutung für die psychotherapeutische Versorgung sind. Dazu sind diagnostische
und therapeutische Verfahren notwendig, die sich auf diagnoseübergreifende bzw.
mehreren Störungen zugrunde liegende psychische Dimensionen beziehen.
Psychoanalytisch begründete Verfahren setzen sowohl in der Diagnostik als auch in
der Behandlung an diesen zugrunde liegenden psychischen Dimensionen an und
sind daher besonders bei der großen Gruppe der komorbid und komplex gestörten
Patienten indiziert.
Da zu den psychoanalytisch begründeten Behandlungsverfahren und deren
therapeutischem Nutzen oben schon ausführlich Stellung genommen wurde,
beschränken wir uns hier auf die Darstellung einiger wichtiger psychoanalytisch
begründeter diagnostischer Methoden.
Unbewusste Konflikte
Die Bedeutung unbewusster motivationaler Konflikte sowie die daraus resultierenden
maladaptiven Bewältigungsversuche für die Entstehung und Aufrechterhalterhaltung
psychischer Störungen wird mittlerweile auch von Vertretern anderer
Psychotherapieverfahren akzeptiert (z.B. Grawe 2004; Sachse 2004; Young et al.
2005). Psychoanalytisch begründete Verfahren haben eine Reihe von klinischen
Methoden zur Diagnostik unbewusster Konflikte und Bewältigungsformen entwickelt.
Malan (1965) sowie Strupp & Binder (1985) haben Schemata zur klinischen
Konflikdiagnostik vorgelegt, die sich auf drei zentrale Elemente beziehen: den
Wunsch/Impuls, die dazugehörige Angst sowie die dadurch ausgelöste Abwehr.
Operationalisierte Methoden der Konfliktdiagnostik wurden beispielsweise von Perry
(1990, Psychodynamic Conflict Rating Scale), von Weinryb & Rössel (1991,
bestimmte Skalen des KAPP Karolinska Psychodynamic Profile) sowie im System
der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik OPD (Arbeitskreis OPD
1996; 2006) vorgelegt.
Eng verbunden mit dem Konzept des unbewussten Konflikts sind Abwehrprozesse.
Zwar enthalten auch die klinischen Theorien anderer Psychotherapieverfahren
Annahmen über intrapsychische und interpersonelle Abwehrprozesse.
Systematisierungen und präzise Beschreibungen dieser Prozesse wurden bisher
aber nur aus dem Umfeld psychoanalytisch begründeter Verfahren vorgelegt (z.B.
Vaillant 2001, Mentzos 1984).
Die verschiedenen Abwehrprozesse werden unterschiedlichen Niveaus der
strukturellen Integration (Strukturniveau) zugeordnet. Abwehrprozesse haben sich in
einer Reihe von empirischen Studien als wichtige psychische Dimension im
Zusammenhang mit psychischen Störungen erwiesen (Hentschel 2004). Die
Diagnostik von Abwehrprozessen fand Eingang ins DSM-IV-R in der Skala zur
Erfassung der Abwehrmechanismen und Copingstile.
Psychische Struktur
Innerhalb der psychoanalytisch begründeten Verfahren hat die Dimension der
psychischen Struktur eine zentrale Bedeutung. Ein vergleichbares klinisches Konzept
existiert in anderen Psychotherapie-Verfahren nicht. In den letzten Jahren wurde
eine Reihe von Operationalisierungen zur reliablen und validen Diagnostik der
Strukturdimension vorgelegt, deren wichtigste hier kurz benannt werden sollen:
Das Modell der Persönlichkeitsorganisation nach Kernberg mit der Unterscheidung
der drei Niveaus neurotisch, Borderline und psychotisch sowie das dazugehörige
strukturelle Interview dürfte wohl die bekannteste Konzeptualisierung psychischer
Struktur sein (Kernberg 1977; 1981). Seit Kurzem liegt mit dem „Strukturierten
Interview zur Persönlichkeitsorganisation" (STIPO) ein strukturiertes
Interviewverfahren zur Diagnose der Persönlichkeitsorganisation sensu Kernberg vor
(Clarkin et al. 2004), mit dem die Dimensionen Identität, Objektbeziehungen,
primitive Abwehr, Coping/Rigidität, Aggression, Wertvorstellungen und
Realitätsprüfung erfasst werden.
Ein weiteres Fremdeinschätzungs-Verfahren ist das „Karolinska Psychodynamic
Profile" (KAPP, Weinryb & Rössel 1991; Weinryb et al. 1999), mittels dessen
verschiedene Strukturaspekte auf 18 Skalen eingeschätzt werden (z. B.
Frustrationstoleranz; Impulskontrolle; Umgang mit aggressiven Affekten; Affekt-
differenzierung in Ausdruck und Erleben etc.).
Wallerstein und Kollegen entwickelten die „Scales of Psychological Capacities"
(SPC, de Witt et al. 1991; de Witt et al. 1999; Wallerstein 1991), die mittlerweile auch
in deutscher Version vorliegen (Huber et al. 2006). Auch hierbei handelt es sich um
ein Fremdeinschätzungsverfahren, das psychische Ressourcen in 17 Dimensionen
(35 Subdimensionen) erfasst.
Auch das Konzept der Mentalisierung bzw. dessen Operationalisierung mittels der
„Reflectiv Functioning Scale" beschreibt einen Aspekt der psychischen Struktur in
Form einer als zentral erachteten Fähigkeit in Bezug auf das Bindungsmotiv (Fonagy
et al. 1998, dt. Version Daubert 2001).
Der Arbeitskreis OPD hat 1996 mit der Beschreibung der „Struktur-Achse" eine
eigene Operationalisierung der Strukturdimension vorgelegt (Arbeitskreis OPD 1996;
Rudolf 2002). Seit 2006 liegt eine weitgehend überarbeitete Version der
Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik (OPD) vor, die OPD-2
(Arbeitskreis OPD 2006). In ihr werden vier Bereiche beschrieben, die wiederum
jeweils in ihrem Bezug auf das psychische Innen (Selbst) und in ihrem Bezug auf das
soziale Außen (Objekte) unterschieden werden, wodurch sich letztlich acht
Strukturdimensionen ergeben: Selbstwahrnehmung, Objektwahrnehmung,
Selbstregulierung, Regulierung des Objektbezugs, Kommunikation nach innen,
Kommunikation nach außen, Bindung an innere Objekte und Bindung an äußere
Objekte, jeweils spezifiziert durch drei Strukturthemen; Struktur ist als psychische
„Fähigkeit" bzw. Verfügbarkeit über die beschriebenen Funktionen operationalisiert
(Arbeitskreis OPD 2006).
Die Vorstellung von überdauernden Beziehungsmustern als Kernelement der
Charakterisierung psychischer Störungen hat über die psychoanalytisch begründete
Psychotherapie hinausgehend weitreichende Akzeptanz gefunden. Es besteht heute
ein verfahrensübergreifender Konsens darüber, dass psychische Störungen zu
einem großen Teil als Beziehungsstörungen in dem Sinne verstanden werden
können, dass sie innerhalb von Beziehungen entstehen und sich überwiegend
innerhalb von Beziehungen manifestieren und perpetuieren (z. B. Grawe 1998;
Im Unterschied zu anderen Instrumenten zur Erfassung von Beziehungsaspekten,
die sich üblicherweise auf die Erhebung von bewusstseinsnahen Einzelaspekten
problematischer Verhaltens- und Erlebensweisen in Beziehungen beschränken,
wurden im Umfeld psychoanalytisch begründeter Psychotherapieverfahren
beziehungsdiagnostische Methoden entwickelt, die die problematischen
Einzelaspekte in einen funktionalen (psychodynamischen) Zusammenhang bringen.
Ein Spezifikum psychoanalytisch begründeter Beziehungsdiagnostik ist zudem, dass
neben objektiven und subjektiven Informationen auch szenische Informationen
berücksichtigt werden (Argelander 1970).
Einige Ansätze zur operationalisierten Herausarbeitung der konfliktiven
Beziehungsmuster seien hier erwähnt. Das wohl bekannteste Verfahren ist die
Methode des ZBKT (Zentrales Beziehungskonfliktthema) nach Luborsky (1984;
Luborsky & Crits-Christoph 1998); ebenfalls weit verbreitet ist das CMP-Modell
(Cyclic Maladaptive Pattern) nach Strupp & Binder (1985). Der Arbeitskreis OPD
stellt ein System zur beziehungsdynamischen Formulierung vor (Arbeitskreis OPD
2006), in welchem vier Aspekte separat erfasst werden (Wie erlebt der Patient sich
selbst? Wie erlebt er andere? Wie erleben andere ihn? Wie reagieren andere auf den
Patienten?), die anschließend in einen funktionalen und damit dynamischen
Zusammenhang gebracht werden, der sogenannten beziehungsdynamischen
In der psychoanalytisch begründeten Diagnostik werden Beziehungsmuster als
Manifestationen unbewusst-konflikthafter und strukturbedingter sowie durch Abwehr
beeinflusster Prozesse verstanden.
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Frage 8: Gibt es Belege aus der vergleichenden
Psychotherapieforschung zur Wirtschaftlichkeit des Verfahrens im
Vergleich zu den anderen in der Psychotherapie-Richtlinie
genannten Verfahren?
Bitte machen Sie insb. Angaben zur
a) Kostenschätzung zur Anwendung beim einzelnen Patienten oder Versicherten,
b) Kosten-Nutzen-Abwägung in Bezug auf den einzelnen Patienten oder Versicher-
c) Kosten-Nutzen-Abwägung in Bezug auf die Gesamtheit der Versicherten, auch
Folgekostenabschätzung, und
d) Kosten-Nutzen-Abwägung im Vergleich zu anderen Methoden (VerfO 2. Kapitel,
Differentielle Kosten-Nutzen Bewertung psychoanalytischer Behandlungen
Historisch gesehen war die von Dührssen und Jorswieck 1965 veröffentlichte
„empirisch-statistische Untersuchung zur Leistungsfähigkeit psychoanalytischer
Behandlung" ein wichtiges fachliches Argument für die Einführung der analytischen
Psychotherapie als Kassenleistung. Diese Studie zeigte, dass Menschen der
allgemeinen Population im Jahrfünft 5,9 Krankheitstage aufwiesen, dass die
neurotische Klientel sich mit über 29 Tagen deutlich davon unterschied und dass
diese Patienten nach im Mittel 100 Sitzungen zweistündiger analytischer
Psychotherapie in ihren Krankheitsfehltagen deutlich unter den Durchschnittwert der
allgemeinen Bevölkerung absanken:
Tabelle: Statistische Werte aller 6 Gruppen (nach Dührssen 1972, S. 414)
Krankenhausaufenthalte
Jahrfünft vor der
Neurotiker auf 100
im Jahrfünft nach
AOK-Versicherte 100
im Jahrfünft vor
Ia / IIa: keine; Ia / IIIa: p <1%; Ia / Ib: p < 1%; Ib / IIb: p < 1%; IIb / IIIb: p < 1%;
Ib / IIIb: keine
Annemarie Dührssen resümierte selbst den wichtigsten Befund: „Hier zeigte es sich,
dass die behandelte Patientengruppe nach Abschluss der Therapie mit statistischer
Signifikanz seltener ins Krankenhaus eingewiesen wurde als der Durchschnitt aller
Krankenkassenmitglieder. Die unbehandelten Neurotiker hingegen boten auch für die
fünf Jahre, die nach Erhebung der Anamnese verstrichen waren, bei dem analogen
Vergleich mit den Versicherungsnehmern der AOK Berlin einen statistisch signifikant
höheren Durchschnittswert für die Krankenhausaufenthalte pro Kopf und Jahr" (1972,
Mit zunehmender Verbreitung und Differenziertheit der Evidenzforschung sind die
Ansprüche an die heutige Kosten-Nutzen-Forschung immens gestiegen. In seiner
Übersicht zu „Kosten-Nutzen der Psychotherapie" gibt Margraf (2009) eine
Literaturübersicht, die bezüglich der psychoanalytischen Langzeittherapie-Studien
unangemessen kritisch ausfällt. Eine Expertengruppe Ständige Kommission
Versicherung (SKV) der schweizerischen Foederatio Medicorum Psychiatricorum et
Psychotherapeuticorum (FMPP) hat bereits einen Kommentar und eine
Stellungnahme dazu verfasst und sich mit diesen Einwänden ihrerseits kritisch
auseinandergesetzt.
Aus dem deutschen Sprachraum liegen drei retrospektiv angelegte Studien zur
Kosten-Situation von psychoanalytischen Langzeit-Psychotherapien vor, die bei
Margraf (2009) zusammenfassend dargestellt werden:
a) Keller et al. 2001, eine retrospektive Evaluation jungianisch orientierter
analytischer Langzeittherapie (17-399 Sitzungen) eines Teiles der Ursprungs-
b) Beutel et al. 2004, eine retrospektive Evaluation einer relativ kleinen
Teilstichprobe der DPV Studie und
c) Breyer et al. 1997, eine retrospektive Evaluation von 666 ehemaligen
Langzeitpsychotherapie-Patienten von einer Zufallsstichprobe von 91
Therapeuten in psychoanalytischer Einzel- und Gruppentherapie.
Methodisch anspruchsvoller ist die im Rahmen der sog. DKV-Studie (Puschner et al.
2007) an der Forschungstelle für Psychotherapie Stuttgart prospektiv geplante Studie
von Kraft et al. (2006), die auf einer Zufallsstichprobe des Gesamtsamples (N = 780)
beruht. Die Studie untersuchte den Cost-Offset-Effekt bei 176 Patienten in
psychodynamischer oder kognitiv-behavioraler Therapie (mittlere Therapiedauer bei
90 psychodynamischen Therapien: 38,3 Sitzungen, bei 86 kognitiven
Verhaltenstherapien: 28,9 Sitzungen). Sie verglichen die Kosten zwei Jahre vor und
zwei Jahren nach der Therapie. Wegen fehlender Daten betraf der Hauptvergleich
jedoch lediglich die Kosten 0,5 Jahre vor und 1,5 Jahre nach Therapiebeginn. Sie
fanden keine signifikanten Kostenunterschiede zwischen den beiden Therapieformen
(medizinische Kosten ohne Psychotherapie, totale von der Krankenversicherung
erstattete Kosten, Hospitalisierungstage). Der Vergleich der medizinischen Kosten im
Halbjahr vor Therapiebeginn unabhängig von deren Provenienz (€ 2.183) mit denen
1,5 Jahre nach Therapiebeginn (€ 1.609) ergab eine Reduktion von 26,3%. Die
Gesamtkosten der Krankenversicherung sanken im gleichen Zeitraum um 8,6% (von
€ 2.184 auf € 1.996). Die stärksten Kostenreduktionen traten bei den Patienten mit
den höchsten Kosten unmittelbar vor Therapiebeginn auf. Die Hospitalisierungstage
nahmen von 3,3 im letzten Halbjahr vor Therapiebeginn auf 0,71 im 4. Halbjahr nach
Therapiebeginn ab. Das letzte Halbjahr vor Therapiebeginn zeichnete sich durch
einen besonderen Gipfel der Krankhheitskosten aus.
Margraf (2009) kritisiert an dieser Studie, dass die Interpretation der Befunde unklar
bleibe, da keine unbehandelte Kontrollgruppe untersucht wurde. Dem kann man sich
anschließen, man muss es aber nicht zwingend. Darüber hinaus vertreten die
Stuttgarter Autoren dieser methodisch hochwertigen Studie die Auffassung: „A
possible cost offset of psychotherapy would not be a disadvantage for psychotherapy
in stabilizing its position. However, although economics plays an essential role for
service provision, it should not be forgotten that mental health is a value by itself.
Generally, medical cost offset is only an incidental effect of psychotherapy
(Cummings, 1999; Mumford & Schlesinger, 1987), especially for patients who suffer
from serious psychological distress" (Kraft et al. 2006, S. 247). (Übersetzung??)
Eine aktuelle Übersichtsarbeit (de Maat et al. 2008) zeigt, dass der „break-even-
point" (Einsparungen überschreiten Behandlungskosten) für psychoanalytisch
begründete Langzeittherapien ca. drei Jahre nach Ende der Behandlung erreicht
wird. Ebenso konnten Bateman & Fonagy (2008) kürzlich zeigen, dass selbst schwer
persönlichkeitsgestörte PatientInnen noch fünf Jahre nach Beendigung ihrer
Psychotherapie in vielfältiger Weise profitierten, z. B. in Form deutlich geringerer
Inanspruchnahme medizinischer Leistungen und durch einen hohen
Beschäftigungsgrad im Vergleich zu einer Gruppe von PatientInnen mit gleichen
Störungen, die keine adäquate Psychotherapie erhielten.
Nach Ansicht vieler Autoren gehören Erwartungen an Kostensenkung durch
Reduzierung anderer Erkrankungen möglicherweise zum utopischen Gehalt von
Psychotherapie überhaupt und sollten kritisch hinterfragt werden. So sollte - wie in
der Onkologie - insbesondere auch die Verbesserung an Lebensqualität als ein
Behandlungsergebnis zum Forschungskanon der analytischen Psychotherapie
hinzugefügt werden. Im Kontext der schwedischen STOPPP-Studie zu Langzeit-
Psychotherapie und Psychoanalyse (Sandell et al. 2000; Blomberg et al. 2001)
wurden Einsparungen im Gesundheitssystem in Euro berechnet (Lazar et al. 2006,
2007). Für die Variable „Inanspruchnahme des Gesundheitssystems" (z. B. durch
Krankheitstage, Anzahl der Arztbesuche, Hospitalisierungen, Medikamente, etc.)
wurden clusteranalytisch sechs Untergruppen differenziert, in denen die Patienten
unterschiedlich auf psychoanalytische Langzeitbehandlung reagierten. Die
Inanspruchnahme des Gesundheitswesens im Verlauf und nach Ende einer
Psychotherapie ist vielfältig determiniert. Für fast jede einzelne Variable (Anzahl der
Arztbesuche, Hospitalisierung, Medikamente, Krankheitstage, etc.) ließen sich
einzelne Klassen oder Cluster finden, in denen die Inanspruchnahme abnahm (die
überwiegende Mehrheit der Patienten); andererseits konnten aber auch Cluster
identifiziert werden, in denen die Inanspruchnahme anstieg , was als Zeichen eines
verbesserten Gesundheitsbewusstseins bei Patienten mit zuvor schlechter
Selbstwahrnehmung interpretiert werden kann. Angesichts dieser Heterogenität kann
die allgemeine Interpretation etwa der Variable „Krankentage" im Zusammenhang mit
der generellen Beurteilung der Erfolge einer Therapie eine grobe Missinterpretation
Natürlich gilt dieses caveat auch für die Studien, die bislang gerne als Beleg für die
kostensenkende Wirkung von Psychotherapie bzw. Psychoanalyse genommen
werden. Besonders problematisch ist es, wenn nur kleine Teilstichproben bezüglich
der Kostenaspekte nachanalysiert werden können (vergl. Beutel et al. 2004).
Für die Debatte in Deutschland ist deshalb mit Nachdruck zu fordern, die Schätzung
von Kosten-Nutzen Aspekten mit größtmöglicher Differenziertheit zu führen (Hau &
Literatur:
Bateman A & Fonagy P (2008) 8-Year Follow-Up of Patients Treated for Borderline
Personality Disorder: Mentalization-Based Treatment Versus Treatment as Usual. Am J Psychiatry; 165: 631–638.
Breyer F, Heinzel R, Klein T (1997) Kosten und Nutzen ambulanter Psychoanalyse in
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impact of psychoanalyses and long term psychoanalytic therapies on health care utilization and costs. Psychother Res 14: 146-160
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Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen
Dührssen A M, Jorswieck E (1965) Eine empirisch-statistische Untersuchung zur
Leistungsfähigkeit psychoanalytischer Behandlung. Nervenarzt 36: 166-169
Expertengruppe SKV der FMPP (Prof. Dr.med. Joachim Küchenhoff, Liestal;
PD Dr.med. Fernanda Pedrina, Zürich/ Kassel; Dr.med. Regula Weiss, Zürich; Dr.med. Rudolf Balmer, Basel (Koordination)) (2009) Kommentar und Stellungnahme zum Buch Margraf J.: Kosten und Nutzen der Psychotherapie, Springer Heidelberg 2008; veröffentlicht auf der Homepage der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (SGPP)
Gallas C, Kächele H, Kraft S, Kordy H, Puschner B (2008) Inanspruchnahme, Verlauf
und Ergebnis ambulanter Psychotherapie: Befunde der TRANS-OP Studie und deren Implikationen für die Richtlinienpsychotherapie. Psychotherapeut 56: 414 – 423
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Kosten-Nutzen-Bewertung psychoanalytischer Behandlungen. Psychothera-peut 52: 69-73
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of long-term outcome among patients in psychoanalysis and long-term psychotherapy. A review of findings in the Stockholm Outcome of Psychoanalysis and Psychotherapy Project (STOPPP). International Journal of Psychoanalysis 81: 921-942
Frage 9: Gibt es zusätzliche Aspekte, die in den oben aufgeführten
Fragen nicht berücksichtigt wurden?
Frage 10: Bitte geben Sie an, in welcher Funktion Sie diese
Stellungnahme abgeben (z.B. als Verband, Institution, Privatperson)
und machen Sie bitte Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
Ihrer Person bzw. der Institution, für die Sie sprechen.
Diese Stellungnahme wurde als fachliche Einschätzung zum Fragenkatalog des
Gemeinsamen Bundesausschusses zur Prüfung der Richtlinienverfahren gemäß §§
13-15 der Psychotherapie-Richtlinie - Psychoanalytisch begründete Verfahren - von
folgenden Verbänden und wissenschaftlichen Fachgesellschaften erarbeitet:
Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT) e.V. Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und
Ärztliche Psychotherapie (DGPM) e.V.
Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft e.V.
Deutsche Psychoanalytische Vereinigung
Deutsche Gesellschaft für Individualpsychologie e.V.
Deutsche Gesellschaft für Analytische Psychologie e.V.
Interessenkonflikte seitens der Verbände / wissenschaftlichen Fachgesellschaften sind nicht ersichtlich. DGPT
Dipl.-Psych. Anne A. Springer
Prof. Dr. phil. Franz Wellendorf
- Vorsitzender -
Prof. Dr. med. Wolfgang Senf
Dipl.-Psych. Dr. phil. Gerhard Schneider
- Vorsitzender -
- Vorsitzender –
Dipl.-Psych. Dr. phil. Heiner Sasse
Dipl.-Psych. Robert Wimmer
- Vorsitzender -
- Vorsitzender –
Source: http://www.dpv-psa.de/fileadmin/downloads/Berufspolitik/GBA-STN_06.11.2009.pdf
MIND: Modality Independent Neighbourhood Descriptor for Multi-Modal Deformable Mattias P. Heinricha,b,∗, Mark Jenkinsonb, Manav Bhushana,b, Tahreema Matind, Fergus V. Gleesond, Sir Michael Bradyc, Julia A. Schnabela aInstitute of Biomedical Engineering, Department of Engineering Science, University of Oxford, UK bOxford University Centre for Functional MRI of the Brain, UK
Agroforest Syst (2007) 71:185–193DOI 10.1007/s10457-007-9071-8 A review of suitable companion crops for black walnut Robert Scott Æ William C. Sullivan Received: 9 May 2006 / Accepted: 16 May 2007 / Published online: 21 June 2007 ! Springer Science+Business Media B.V. 2007 Black walnut (Juglans nigra L.) is a temperate tree grown for nuts and wood, but it isallelopathic to certain plants and animals. We com-